Diversity-orientierte Prozesse im Gemeinwesen. Integration von Migrantinnen und Migranten auf kommunaler Ebene und die Rolle der Kinder- und Jugendhilfe
Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe, Bd. 63, 2007, deutsch, 146 S., Deutsches Institut für Urbanistik 2007
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Inhalt
"Ehrliches Interesse und offene Neugier vermitteln einer Person Anerkennung und Wertschätzung in ihrem aktuellen Sein. In der Arbeit mit Migrantenfamilien ist dies besonders wichtig, weil Migrant(inn)en in ihrem Alltag häufig die Erfahrung machen, dass aufgrund der weit verbreiteten Klischees ohnehin jeder davon überzeugt ist, dass er über sie Bescheid weiß.
Eine Mitarbeiterin aus der Jugendhilfe formuliert es so:
‚Man muss viel Offenheit mitbringen und sich auf die familiären und kulturellen Gegebenheiten der Familie einlassen. (…) Man muss Geduld mitbringen, denn es kann sein, dass nicht alles so schnell geht, wie man es gern möchte und dass einiges nicht so schnell verstanden wird. Das kann aber mit einer deutschen Familie auch passieren … Ich denke, das trifft auch auf deutsche Familien zu, dass man die Offenheit und das Interesse mitbringen muss, ja, ich möchte mit dir arbeiten. Ich will sehen, wie ich dir helfen kann, wie wir gemeinsam einen Weg finden können.’
Ähnlich argumentiert eine Mitarbeiterin mit Migrationshintergrund:
‚Wenn man aus der gleichen Kultur wie die Eltern kommt und ihre Sprache spricht, ist der Kontakt natürlich relativ einfach. Aber man sollte nicht denken, man wüsste deshalb alles über Familien mit diesem kulturellen Hintergrund. Man kann die Familien nicht verallgemeinern. Es ist im Erstgespräch immer wichtig, rauszukitzeln, was habe ich für eine Familie vor mir … Ebenso wichtig ist es, sich Zeit zu nehmen und gut zuzuhören. Zuhören, was die Familie im Kopf hat, vielleicht hat sie schon Ideen, was sie selbst will und was sie dazu braucht.’"
(Aus dem Beitrag von Stefan Bestmann, siehe S. 31 ff.)
Anliegen des Workshops war es, Migrantinnen und Migranten aus verschiedenen Kulturkreisen und Verantwortungsbereichen als Experten in eigener Sache einzuladen und nach ihren Erfahrungen mit der Kinder- und Jugendhilfe und praktischen Problemen bei der Integration in die deutsche Gesellschaft zu fragen. Aber zugleich auch, zuständigen Fachkräften aus der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe eine Diskussionsplattform zu bieten, um sich über Erwartungen und Vorstellungen auf "beiden Seiten" sowie über Erfahrungen und notwendigen Unterstützungsbedarf auszutauschen. Diskutiert wurde u. a. gemeinsam über folgende Fragen:
- Was bedeutet Umgang mit interkultureller Vielfalt, interkulturelle Orientierung und Öffnung?
- Bei welchen Problemen, in welchen Handlungsfeldern ist die Praxis (noch) hilflos?
- Wie kann der Zugang der Jugendhilfe zu "Migranten-Familien" verbessert werden?
- Wie können die deutschen (Behörden)Strukturen verständlicher gemacht werden?
- Welche Sichtweisen haben Wirtschaft, Kommune, Freie Träger? Und kann soziale Arbeit von Diversity-Konzepten der Wirtschaft lernen?
- Gibt es wirklich Parallelgesellschaften in deutschen Städten und wie mit dieser Entwicklung umgehen?
- Und schließlich: Was macht gute interkulturelle Praxis fachlich, methodisch, strukturell, aus?
Aus dem Inhalt
Vorwort:
KERSTIN LANDUA, Leiterin der Arbeitsgruppe Fachtagungen Jugendhilfe, Verein für Kommunalwissenschaften e.V., Berlin
Eröffnung:
Prof. Dr.-Ing. KLAUS J. BECKMANN, Leiter des Deutschen Instituts für Urbanistik, Berlin
Diversity als Herausforderung – Interkulturelle Orientierung und Öffnung Sozialer Arbeit
Dr. HUBERTUS SCHRÖER, Geschäftsführer des Instituts – Interkulturelle Qualitätsentwicklung, München
Zugangswege/Kennenlernen/Verstehen
- Das Praxisforschungsprojekt fai bene. Faktoren des Gelingens – Praxis einer gelingenden Familienunterstützung bei so genannten bildungsfernen Familien speziell mit Migrationshintergrund
STEFAN BESTMANN, Erziehungswissenschaftler und freiberuflicher Praxisberater, Berlin
Interkulturelle Öffnung des ASD/Erzieherische Hilfen
- Interkulturelle Öffnung des ASD
IRMA KLAUSCH, Fortbildungskoordinatorin, Referat für Jugend, Familie und Soziales, Nürnberg - Interkulturelle Öffnung im Fachbereich ambulante erzieherische Hilfen in der IFAK e.V.
GÜLSEREN ÇELEBI, Leiterin der Jugendhilfestation IFAK e.V., Bochum - Interkulturelle Öffnung einer Kindertagesstätte
UTE KAHRS, Leiterin der Kita am Kleistpark, Berlin
Bildungschancen sichern: Jugendhilfe, Schule und Berufsausbildung
- Zusammenarbeit von Jugendhilfe, Schule und Arbeitsverwaltung aus Sicht eines freien Trägers der Jugendhilfe
Dr. WOLFGANG ZASCHKE, Jugendladen Nippes & Nippes-Museum, Jugendhilfe und Schule e.V., Köln - Vernetzung im Kiez am Beispiel der Rütli-Schule in Berlin
ALEXANDER DZEMBRITZKI, Leiter der Rütli-Schule, Berlin - Integrationsarbeit an einer Realschule am Beispiel der Herbert-Hoover-Oberschule in Berlin
JUTTA STEINKAMP, Leiterin der Herbert-Hoover-Oberschule, Realschule, Berlin
Verschränkung interkultureller Orientierung und Gender-Perspektiven
- Interkulturelle Mädchenarbeit
INNA SCHMIDT, Mitarbeiterin im Jugendamt Düsseldorf, Betreuerin eines Mädchenprojekts mit russischen Spätaussiedlern, Aufsuchende Jugendarbeit mit Jugendlichen aus Russland und anderen GUS-Staaten - Interkulturelle Jungenarbeit
OLAF JANTZ, Institut für Jungen- und Männerarbeit, Hannover
Diversity-orientierte Prozesse im Gemeinwesen: Wie gelingt es, Vielfalt als Chance für die Integration in den Stadtteil zu nutzen?
- Diversity-orientierte Prozesse im Gemeinwesen am Beispiel der regionalen und landesweiten Beratungsstelle für Migrantenselbstorganisationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Nordrhein-Westfalen
FILIZ ARSLAN, Fachberatung MigrantInnenselbsthilfe, Bochum - Diversity-orientierte Prozesse im Gemeinwesen am Beispiel der Stadtteilarbeit in Düsseldorf
HEINZ WIEDENROTH, Geschäftsführer der AGB – Aktion Gemeinwesen und Beratung, Düsseldorf
Weitere Beiträge:
- Über Formen und Möglichkeiten bürgerschaftlichen Engagements von Menschen mit Migrationshintergrund und interkulturelle Öffnungsversuche deutscher Vereine
Prof. Dr. CENGIZ DENIZ, Evangelische Fachhochschule Berlin, Sozialwissenschaftliche Grundlagen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik - Deutsch-türkische Sprachmischung als kommunikative Praxis oder der schwierige Umgang mit Zweisprachigkeit – Perspektiven für die Institutionen der Sozialen Arbeit
Prof. Dr. CENGIZ DENIZ, Evangelische Fachhochschule Berlin
Literaturhinweise