Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe,

Die Verantwortung der Jugendhilfe zur Sicherung des Kindeswohls

Inhalt

Ein Blick zurück:

Eine erste Fachtagung des Vereins für Kommunalwissenschaften e.V. zu diesem Thema fand bereits im November 1998 mit dem Titel "…und schuld ist im Ernstfall das Jugendamt ..." statt. Daran schloss sich sowohl eine erweiterte öffentliche Diskussion in Fachkreisen als auch eine Reihe weiterer Veranstaltungen anderer Institutionen an, in deren Mittelpunkt die Frage stand, wie bereits im Vorfeld verhindert werden kann, dass Kinder durch Vernachlässigung und Misshandlung zu Tode kommen und wie ein professionelles Reagieren von Fachkräften in der öffentlichen und freien Jugendhilfe aussehen sollte. Mittlerweile scheint Konsens darüber zu bestehen, dass nicht mehr die Frage der Garantenpflicht generell diskutiert wird, sondern wie diese Aufgabe verantwortungsbewusst von Fachkräften in der Jugendhilfe wahrgenommen werden kann. Dies war Thema einer zweiten Veranstaltung des Vereins für Kommunalwissenschaften e.V. im November 2001.

"Unsicherheit ist ein hoher Risikofaktor".

Anliegen dieser Fachtagung war es deshalb, im Sinne einer Stärkung der Handlungssicherheit von Fachkräften in der Jugendhilfe zu überlegen, welche Strategien bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung das Restrisiko minimieren helfen, wie professionelles Krisenmanagement, auch im Umgang mit den Medien, im Ernstfall aussehen sollte, wie in dieser Hinsicht unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus zurückliegenden "Fällen" Schlussfolgerungen gezogen und fachliche Standards definiert werden können.

Folgende Aspekte wurden im Verlauf der Fachtagung erörtert:

  • das Spannungsverhältnis von Jugendhilfe und Strafjustiz, deren unterschiedliche Erwartungshaltungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen,
  • der Einfluss des Strafrechts auf die Fachlichkeit,
  • der Umgang freier Träger mit der Garantenpflicht,
  • Definition, Nutzen und Grenzen von Standards und Checklisten im Rahmen von Verfahren zur Reduzierung des Restrisikos, zur Risikoabwägung sowie zur Gestaltung nachvollziehbarer Dokumentationen von Entscheidungsfindungen,
  • die Frage eines Organisationsverschuldens in Bezug auf die Fachlichkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
  • die Etablierung effektiver und bewährter Arbeitsstrukturen bei der Entscheidungsfindung innerhalb des Teams und bei Fremdmeldung von Kindeswohlgefährdung,
  • Aufgeschlossenheit und funktionierende Kommunikationswege bei der Zusammenarbeit insbesondere des ASD mit kooperierenden Diensten,
  • der professionelle Umgang mit den Medien und der öffentlichen Meinung.

Die Dokumentation der Fachtagung richtet sich an leitende Fachkräfte der öffentlichen und freien Jugendhilfe und insbesondere an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialen Dienste, an Fachkräfte kooperierender Einrichtungen sowie an Vertreterinnen und Vertreter aus Justiz und Pädiatrie.

Aus dem Inhalt

  • Der Schutzauftrag der Jugendhilfe und seine schwierige Umsetzung - Einführung in das Tagungsthema

    Ministerialrat Dr. Dr. H.C. Reinhard Wiesner, Leiter des Referates Kinder- und Jugendhilferecht; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bonn

Fachreferate

  • Welchen Beitrag kann die Jugendhilfe zur Sicherung des Kindeswohls leisten?

    Prof. Dr. Christian Schrapper, Professor für Pädagogik und Sozialpädagogik, Universität Koblenz-Landau
  • Wirklichkeit und Wahrheit...warum Jugenhilfe und Justiz sich so oft missverstehen

    Thomas Mörseberger, Leiter des Landesjugendamtes, Landeswohlfahrtsverband Baden, Karlsruhe
  • Anforderungen an die Jugendhilfe aus Sicht der Strafjustiz

    Lutz Bode, Richter am Amtsgericht Chemnitz
  • Anforderungen an die Jugendhilfe aus Sicht des Familiengerichtes

    Gretel Diehl, Richterin am Oberlandesgericht Frankfurt/Main, 3. Senat für Familiensachen
  • Zwischen Absicherungsmentalität und fachlichem Risiko - Handlungsfähigkeit der Jugendhilfe trotz strafrechtlicher Verantwortung

    Dr. Thomas Meysen, Fachlicher Leiter, Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V., Heidelberg
  • Fünf Jahre danach: Der Fall Jenny und die praktischen Konsequenzen beim Jugendamt Stuttgart

    Bruno Pfeifle, Leiter des Jugendamtes der Landeshauptstadt Stuttgart

Arbeitsgruppen

  • AG 1: "Rückendeckung" - Zur Leitungsverantwortung, Reflexionen nach einer Krisensituation

    Gudrun Müller, Gruppenleiterin der Außenstelle Neuberesinchen des ASD, Amt für Jugend und Soziales der Stadt Frankfurt/Oder

    Frank Fahle, Leiter des Jugendamtes des Landkreises Havelland, Rathenow
  • AG 3: Beide in der Pflicht? - Zum Verhältnis öffentlicher und freier Träger

    Katrin Hoffmann, Fachkoordinatorin für Hilfen zur Erziehung, Jugendamt der Stadt Leipzig;

    Sybill Radig, Leiterin des Projektes Plan-L e.V., Leipzig
  • AG 4: Aber ein Restrisiko bleibt... - Vorstellung des Stuttgarter Kinderschutzbogens und Diskussion über Grundstandards

    Petra Daniela Hörner, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Jugendamt der Landeshauptstadt Stuttgart;

    Hans-Jörg Eberhardt, Sozialarbeiter, Jugendamt der Landeshauptstadt Stuttgart
  • AG 5: Auf den Ernstfall vorbereitet sein - Dialogisch handeln in Misshandlungssituationen

    Prof. Dr. Reinhart Wolff, Erziehungswissenschaftler und Soziologe, Alice-Salomon-Fachhochschule Berlin;

    Dr. Christine Maihorn, Familienberaterin im Kinderschutz-Zentrum Berlin e.V.

Fachreferate:

  • Zum Positiven wenden: Krisenmanagement im Jugendamt unter den Augen der Öffentlichkeit, im Spiegel der Presse
  • Lothar Stehle, Dipl.-Journalist und PR-Berater, Stuttgart
  • Statements und Diskussion: Meine Erfahrungen mit Krisenmanagement?

    Claus Lippmann, Leiter des Jugendamtes der Landeshauptstadt Dresden; Cornelia Scheplitz, Leiterin der Abteilung Soziale Arbeit des Amtes für Jugend und Soziales der Stadt Frankfurt/Oder,

    Bruno Pfeifle, Leiter des Jugendamtes der Landeshauptstadt Stuttgart
  • Handeln im Misshandlungsrisiko - Chancen partnerschaftlicher Jugendhilfe:

    Fachliche Grundstandards und gebündeltes Erfahrungswissen aus der Tagung zusammengetragen von

    Prof. Dr. Reinhart Wolff, Erziehungswissenschaftler und Soziologe, Alice-Salomon-Fachhochschule Berlin

Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe, Bd. 34, 2002, deutsch, 204 S., Deutsches Institut für Urbanistik 2002

ISBN: 978-3-931418-37-3
Printausgabe vergriffen

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