Chancen für Kinder - Anforderungen an zukunftsfähige Hilfen zur Erziehung
Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe, Bd. 92, 2014, DINA4, deutsch, 168 S.
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Inhalt
Die aktuelle Debatte um die Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung hat einen Diskurs verstärkt, der sich zwischen fachlicher Innovation und Kostenbewusstsein bewegt und den wir auf der Tagung aufgegriffen haben. Worum ging es genau?
Wie alles begann…
In der Jugendhilfelandschaft ist spätestens seit der Veröffentlichung der Thesen von Staatsrat Jan Pörksen, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration Hamburg, auf dem Stuttgarter Jugendhilfetag 2011 und dem Kursieren des so genannten "A-Länder-Papieres" eine Diskussion darüber entbrannt, ob der Rechtsanspruch auf "Hilfe zur Erziehung" (HzE) abgeschafft bzw. ob das KJHG (u.a. auch aus Kostengründen?) reformiert werden soll und die Hamburger Initiative der Vorbote dafür ist. Herr Pörksen stellte in seinem Einführungsvortrag zunächst die Leitsätze der Hamburger Sozialpolitik vor, die u.a. vorsehen, Regelsysteme zu stärken, fallunabhängiger zu arbeiten, hierfür Modelle zu entwickeln und das zur Verfügung stehende Geld effizienter einzusetzen. Ziel der Hamburger Reformbemühungen sei es nicht, den Rechtsanspruch auf HzE auszuhebeln, sondern diesen mit so viel Normalität wie möglich (und manchmal auch ohne das Jugendamt) umzusetzen. Darüber wurde in der anschließenden Podiumsdiskussion heftig debattiert.
Wie es weitergehen sollte …
In ihrem Referat über aktuelle Herausforderungen bei der Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung stellte Prof. Dr. Karin Böllert, Westfälische Universität Münster, u.a. fest, dass die Zunahme der Inanspruchnahme von Jugendhilfeleistungen als Ausdruck der Überforderung von Familien aus fachlicher Perspektive eine neue "Kultur des Hinsehens" und die Anerkennung professioneller Unterstützungsleistungen brauche.
Ihrer Meinung nach werden Kommunen die Ausdifferenzierung und Expansion der Kinder- und Jugendhilfe auf Dauer nicht ohne höhere Länderzuweisungen und eine stärkere Einbeziehung des Bundes an der Finanzierung schultern können.
Jedes Kind braucht einen Menschen, der "verrückt" nach ihm ist. …
"Was brauchen Kinder?" war der Titel des Abschlussreferates von Dr. Maria Kurz-Adam, Leiterin des Jugendamtes München. Die Legitimationsfrage der Qualität in der Erziehungshilfe sei ihres Erachtens ungebrochen und muss um die Frage erweitert werden, ob wir das Richtige tun. Es müsse dringend darüber diskutiert werden, inwiefern Jugendhilfe selbst bei Kindern "Jugendhilfekarrieren" erzeugt. Der Nutzen/die Wirkung der Einzelfallhilfe sei nach wie vor unsicher und dies bei steigenden Kosten und zunehmender Infragestellung der Präventionsstrategien. Dr. Maria Kurz-Adam sprach sich für eine Qualitätsdebatte in der Kinder- und Jugendhilfe aus, in der das Subjekt im Mittelpunkt steht, für eine Stärkung der Stellung des Jugendamtes, eine stärkere Wirkungsorientierung im gesamten Feld der Jugendhilfe sowie (mehr) Chancengerechtigkeit im Kinderschutz und in den Hilfen zur Erziehung.
Ein Fazit? …
Viele Referent/innen und Teilnehmer/innen waren sich in der Frage einig, was das "Gebot der Stunde" ist, dass nämlich eine Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung nicht allein aus Kostengründen und damit zu Lasten der Kinder und ihrer Familien gehen sollte. Dennoch sind viele Fragen offen: Ist Hamburg das Modell der Zukunft oder "nur" ein Hamburger Modell? Stehen, angestoßen von den Hamburger Reformen, Überlegungen im Raum, das Kinder- und Jugendhilfegesetz im Bereich der Hilfen zur Erziehung zu reformieren? Hierüber muss weiter intensiv ein fachlicher Austausch geführt werden. Vor allem in der Praxis.
Aus dem Inhalt
Vorwort
KERSTIN LANDUA, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin
Wie alles begann …
Entwicklungslinien und Trends der aktuellen politischen Fachdebatte zur Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung
JAN PÖRKSEN, Staatsrat, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, Hamburg
Wenn Sie mehr wissen wollen …
Podiumsdiskussion
Gesprächspartner/innen:
TILMAN FUCHS, Jugendamt Landkreis Steinfurt,
RAINER KRÖGER, AFET - Bundesverband für Erziehungshilfe e. V., Hannover; Diakonieverbund Schweicheln e. V., Hiddenhausen,
Dr. MARIA KURZ-ADAM, Jugendamt München,
REGINA OFFER, Deutscher Städtetag, Berlin,
BRUNO PFEIFLE, Jugendamt Stuttgart,
JAN PÖRKSEN, Hamburg
Wie es weitergehen sollte …
Aktuelle Herausforderungen bei der Weiterentwicklung und Steuerung der Hilfen zur Erziehung
Prof.‘in Dr. KARIN BÖLLERT, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Arbeitsgemeinschaft für Kinderund Jugendhilfe – AGJ
Gedanken machen über:
Die Weiterentwicklung der stationären Hilfen zur Erziehung
Dr. HANS-ULLRICH KRAUSE, Kinderhaus Berlin-Mark Brandenburg, Berlin, IGfH, Frankfurt am Main
Was brauchen Kinder?
Hilfen zur Erziehung als Chance für die Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen
Warum Kommunen handeln müssen – und worüber sie nachdenken sollten
Dr. MARIA KURZ-ADAM, München
Erfahrungsaustausch in Foren zu verschiedenen Handlungsfeldern der Jugendhilfe
Forum 1: Schutzkonzepte im Sozialraum
CHRISTEL LÜHMANN, Fachamt Jugend- und Familienhilfe, Hamburg-Wandsbek
Projekt "Eltern aufsuchen und unterstützen"
HANS BERLING, Aktive Nachbarschaft Jenfeld e.V., Hamburg
Forum 2: Zusammenarbeit mit Regelinstitutionen – Hilfen zur Erziehung + Schule: Das Bielefelder Modell
GEORG EPP, Jugendamt Bielefeld
Forum 3: Neue Angebote für schwierig(st)e Jugendliche: Das "Sinn-Projekt"
IBRAHIM ISMAIL, Verein Paidaia e.V., Bochum
Forum 4: Sozialräumliche Angebotsentwicklung und Finanzierung: Das Hamburger Modell
Dr. HERBERT WIEDERMANN, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration Hamburg
Erfahrungsaustausch zu speziellen Fragestellungen der stationären Hilfen zur Erziehung
Forum 1: Hilfen in Krisen – Sozialpädagogische Einrichtungen
WOLFGANG HERBST, Amt für Jugend und Familie, Wien
Forum 2: Versäulung der stationären Hilfen – Ansätze zur Überwindung in Nordrhein-Westfalen
PETER DITTRICH, LWL-Landesjugendamt Westfalen-Lippe,
TILMAN FUCHS, Landkreis Steinfurt
Forum 3: Krisenintervention im Bereich der 0- bis 6-jährigen Kinder/Pflegekinderhilfe
Kleine Kinder in Bereitschaftspflege – Auswahlkriterien und Qualifizierung von Familien
SYLVIA EGELKAMP, Evangelische Jugendhilfe Münsterland gGmbH, Steinfurt
Krisenunterkunft für Säuglinge und Kleinstkinder "Wirbelwind" (gem. §§ 34, 42 SGB VIII)
NIKI SAMARA, Kinder lernen Leben gGmbH (KileLe), Berlin
Literaturhinweise