Frühe Intervention und Hilfe. Vom Neben- zum Miteinander von Pädiatrie und Jugendhilfe
Fachtagung des VfK in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V., der Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialpädiatrischer Zentren sowie dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte
Inhalt
"Obwohl wir seit Jahrzehnten versuchen, das Verständnis von Jugendhilfe zu verändern, nicht zuletzt über das Kinder- und Jugendhilfegesetz, gelingt uns das nur partiell. Wir werden nie eine Jugendhilfe präsentieren können, die immer nur erwünschte und populäre Leistungen erbringt.
Das hängt mit der Fragestellung nach Elternrecht und Kindeswohl/Schutzauftrag zusammen. Das heißt, die Verpflichtung dem Kind gegenüber, die die Eltern im Einzelfall gar nicht so gern einsehen wollen, bleibt erhalten. Es kann also nur darum gehen, präventive, Familien unterstützende Ansätze in den Vordergrund zu stellen und den Eltern deutlich zu machen, dass es immer darum geht, das Kind - wo immer es möglich ist - mit ihnen zusammen zu schützen und nicht gegen sie.
Es kann jedoch nicht völlig ausgeklammert werden, im Interesse des Kindeswohls in die elterliche Sorge einzugreifen, das Kind vor den Eltern zu schützen. Auch beim Arzt gibt es Kontrolle, diese ist jedoch nicht mit solchen weit reichenden Konsequenzen ausgestattet, es droht am Ende kein Sorgerechtsentzug.
Diese strukturelle Ambivalenz von Hilfe und Kontrolle kann man in der Jugendhilfe nicht wegdiskutieren. Sie ist eher eine fachliche Herausforderung, wie man damit produktiv im Interesse der Kinder und der Eltern umgeht."
(siehe Beitrag von Ministerialrat Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner, BMFSFJ, Berlin, S. 27 ff.)
Neben der Vorstellung funktionierender Regionalprojekte, der Diskussion über die Regelung von interdisziplinärer Kooperation im Einzelfall, der Darstellung europäischer Erfahrungen standen folgende Aspekte im Mittelpunkt der Diskussion:
- Was sind die gesetzlichen und fachlichen (Handlungs-)Grundlagen für eine effektive Kooperation von Pädiatrie und Jugendhilfe?
- Was heißt Netzwerk überhaupt? Inanspruchnahme, "etwas" abgeben, kooperieren, einen Auftrag annehmen? Wer ist zuständig, wer bleibt am Ball?
- Wo ist der Ort der Kooperation in der "frühen Phase"? Die Geburtsklinik, die Hebammen, die Kinderarztpraxis, die Krisenintervention in der Jugendhilfe?
- Die Schnittstelle, die (noch) keine Schnittstelle ist. Was ist mit Schweigepflicht und Datenweitergabe? Wie können Kinderärzte von der Jugendhilfe über ein mögliches Risiko informiert werden und umgekehrt? Wo, wann und wie finden Übergaben statt?
- Welche Erfahrungen mit früher Prävention gibt es? Wie kann die Geburt eines Kindes als ein relativ kurzes "Zeitfenster" für den Zugang zu schwierigen Familien genutzt und in diesem Kontext die Jugendhilfe als Partner angesprochen werden?
Aus dem Inhalt
Vorwort: Kerstin Landua, Leiterin der Arbeitsgruppe Fachtagungen Jugendhilfe, Verein für Kommunalwissenschaften e.V., Berlin
Frühe Intervention und Hilfe. Eine (neue) Herausforderung für Pädiatrie und Jugendhilfe. Was wissen wir, was wollen wir, was müssen wir tun? Welche Präventivmaßnahmen kann die Bundesregierung unterstützen? Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Hermann Kues, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin
Grußworte:
Prof. Dr. Ute Thyen, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V., Stellvertretende Leiterin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Dr. med. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V., Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kreuztal
Rechtliche Grundlagen für die Kooperation von Pädiatrie und Kinder- und Jugendhilfe
Ministerialrat Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner, Leiter des Referats Kinder- und Jugendhilferecht, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin
Löcher im (Kooperations-)System aus kinderärztlicher Sicht
Prof. Dr. Ute Thyen
Wo sind die Löcher im (Kooperations-)System aus Sicht der Jugendhilfe?
Bruno Pfeifle, Leiter des Jugendamtes der Stadt Stuttgart
Frühe Förderung von Kindern aus sozial benachteiligten Familien. Das Projekt Pro Kind Niedersachsen
Anna Maier-Pfeiffer, Projektleiterin, Referentin im Niedersächsischen Sozialministerium, Hannover,
Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Direktor und Vorstand des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V., Hannover
Entwicklung von Kindern in Beziehungen (EKiB) im "Netzwerk Gesunde Kinder": Ein Präventionsprojekt im Landkreis Oberspreewald-Lausitz
Hendrik Karpinski, Chefarzt und Geschäftsführer der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Niederlausitz, Senftenberg
Das Präventionsprojekt "Zukunft für Kinder in Düsseldorf. Vorsorge - Beratung - Unterstützung. Clearingstelle"
Dr. med. Bernhard Dombrowski, Kinderarzt, Gesundheitsamt Düsseldorf; Dr. med. Wilfried Kratzsch, Oberarzt, Kinderneurologisches Zentrum der Städtischen Kliniken Düsseldorf-Gerresheim; Peter Lukasczyk, Leiter der Abteilung Soziale Dienste, Jugendamt Düsseldorf
Das Kind im Mittelpunkt - Zusammenwirken und Verbesserung von Hilfen: Aus Erfahrung lernen. Das neue Modell der Multi-Service-Zentren eines Londoner Safeguarding Boards (Qualitätssicherungsbehörde)
Dr. Peter Lachman, Consultant Paediatrician, Royal Free Hospital Hampstead NHS Trust London; Institute of Health Improvement, Cambridge Mass.
Löcher im (Kooperations-)System schließen, aber wie? (Arbeitsgruppen):
- AG 1: Von Kindeswohlgefährdungen und schwierigen Familien erfahren? Vorsorgeuntersuchungen (U1 bis U9) als ein Zugangsweg hierzu?
Dr. Hermann-Josef Kahl, Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Kinder- und Jugendarzt, Kinderkardiologe, Düsseldorf;
Georg Kohaupt, Kinderschutzzentrum Berlin, Bundesarbeitsgemeinschaft Die Kinderschutzzentren - AG 2: Möglichkeiten und Grenzen medizinischen Handelns in der familiären Frühbetreuung
Prof. Dr. med. Wieland Kiess, Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Universität Leipzig;
Dagmar von Hermanni Jugendamt der Stadt Leipzig - AG 3: Frühe Vernetzung der Aktivitäten von Jugendhilfe und Kinderärzten
Sabina Schaefer, Beratungszentrum Mitte des Jugendamtes Stuttgart;
Eberhard Schilling, Niedergelassener Kinder- und Jugendarzt, Stuttgart - AG 4: Grenzüberschreitendes Handeln - Umgang mit Datenschutz und Schweigepflicht bei Hilfeverweigerung
Prof. Dr. Gerhard Nothacker, Fachhochschule Potsdam;
Uta von Pirani, Jugendamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin - AG 5: Ist die gemeinsame Hilfekonferenz eine Illusion?
Antje Reinhardt, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst für Landkreis und Stadt Osnabrück,
Wolfgang Ruthemeier, Fachbereich Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück; - AG 6: Die dringende Notwendigkeit eines Case-Managements für die Kooperation von Pädiatrie und Jugendhilfe
Dr. Heinz Kindler, Deutsches Jugendinstitut e.V., München;
Dr. Eberhard Motzkau, Ärztliche Kinderschutzambulanz am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf;
Karin Schwartzenberger, Kinderneurologisches Zentrum der Städtischen Kliniken Düsseldorf-Gerresheim
Berichte aus den Arbeitsgruppen
Literaturhinweise
Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe, Bd. 57, 2006, deutsch, ca. 245 S., Deutsches Institut für Urbanistik 2006
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