Kommunaler Aufgabenwandel
Heftverantwortlicher: Günter Püttner
Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften (DfK), Bd. 1, 2002, deutsch, 142 S., Deutsches Institut für Urbanistik 2002
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Inhalt
Im Brennpunkt
- Stephan Articus
Zukunft der Stadt? - Stadt der Zukunft!Anmerkungen zur Situation und Zukunft der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland - Hellmut Wollmann
Die traditionelle deutsche kommunale Selbstverwaltung - ein "Auslaufmodell"? - Günter Püttner
Kommunale Aufgaben, Aufgabenwandel und Selbstverwaltungsprinzipien - Uwe Steckert
Liberalisierung, Wettbewerb und Sinnkrise in der Kommunalwirtschaft33 Feststellungen und Thesen - Friedrich Wilhelm Held
Neue Entwicklungen im Gemeindewirtschaftsrecht
Im Blickfeld
- Elfi Bendikat
Der öffentliche Stadtraum in der Moderne: technische Funktionalität und Reglementierung - Karl-Hermann Hübler
Gibt es eine Renaissance von Zukunftsstrategien für Großstädte in Europa? - Anmerkungen zu einem Beitrag von Klaus Brake in Band II/2000 des Archivs für Kommunalwissenschaften
Stephan Articus: Zukunft der Stadt? - Stadt der Zukunft!
Anmerkungen zur Situation und Zukunft der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland
Zusammenfassung: Die aktuelle Lage der Städte in Deutschland ist ambivalent. Unbestrittene Modernisierungserfolge stehen neben der Aushöhlung der finanziellen Grundlagen der kommunalen Selbstverwaltung. Eine neue Befestigung der kommunalen Selbstverwaltung bedarf der grundlegenden Reformen im Gemeindefinanzsystem und in der Sozial-, Familien- und Arbeitsmarktpolitik. Im Prozess der europäischen Integration stehen die Städte im Spannungsfeld einer europäischen Politik, deren Fokus nicht unmittelbar die lokale Ebene ist, deren mittelbare Auswirkungen aber die Strukturen städtischer Aufgabenwahrnehmung zunehmend verändern. Unter schwierigen Rahmenbedingungen müssen die Städte ihre besondere Leistungsfähigkeit zukunftsfähig machen. Die Stadt der Zukunft muss ihr Handeln an den Zielen einer Stärkung der Demokratie und der Bürgerorientierung, der Stärkung der lokalen Verantwortung sowie an dem Leitgedanken der Integration ausrichten. Zukunftsfähige Städte müssen ihr Handeln auf die Aufgaben beschränken, die sie nachweislich besser als andere Akteure in Staat und Gesellschaft erfüllen können.
Hellmut Wollmann: Die traditionelle deutsche kommunale Selbstverwaltung - ein "Auslaufmodell"?
Zusammenfassung: Das traditionelle Modell der deutschen kommunalen Selbstverwaltung zeichnet sich durch ein ausgeprägtes politisch-demokratisches Profil und umfangreiche Verwaltungsaufgaben aus. Im internationalen Vergleich rechnet das deutsche Kommunalmodell - neben dem skandinavischen - zu den politisch wie funktional stärksten Kommunaltypen. In den letzten Jahren ist dieses Kommunalmodell unter dreifachen Druck geraten. Zum einen droht die Liberalisierungspolitik der Europäischen Union der überkommenen kommunalen Daseinsvorsorge (Wasser, Abwasser, Abfall, Energie, kommunale Sparkassen usw.) insbesondere in deren gemeinwohlorientierten Organisations- und Handlungsformen den Boden zu entziehen. Zum anderen kann die Umsetzung des Neuen Steuerungsmodells dazu führen, dass immer mehr kommunale Aufgaben in "Eigengesellschaften" ausgelagert, wenn nicht vollends privatisiert werden und damit der Typus einer politisch-demokratisch verantwortlichen und kontrollierten Kommunalverwaltung zunehmend ausgehöhlt wird. Schließlich lässt die sich verschärfende Finanzkrise der Kommunen befürchten, dass immer mehr soziale, kommunale usw. Aufgabenfelder buchstäblich "eingespart" werden. Diese Tendenzen werden in dem Beitrag konzeptionell wie empirisch diskutiert. Abschließend werden "Verteidigungslinien" auf der europäischen, Bundes-, Landes- und Kommunalebene erörtert.
Günter Püttner: Kommunale Aufgaben, Aufgabenwandel und Selbstverwaltungsprinzipien
Zusammenfassung: Die deutschen Gemeinden verfügen traditionell über einen sehr ausgedehnten Aufgabenbestand, den sie angesichts der bestehenden Finanznot nicht voll werden halten können. Dennoch kommen immer wieder auch neue Aufgaben hinzu, denen sich die Gemeinden nicht entziehen können. Daher muss es ein kritisches Durchforsten der Aufgaben geben (Aufgabenkritik), und es ist auf Prozesse des Aufgabenwandels zu achten. Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch die Instrumente der Aufgabenerfüllung, die ebenfalls überdacht werden müssen. Neue Instrumente können einiges zur Aufgabenerfüllung beitragen.
Uwe Steckert: Liberalisierung, Wettbewerb und Sinnkrise in der Kommunalwirtschaft - 33 Feststellungen und Thesen
Zusammenfassung: Dem Wettbewerb ausgesetzte Sparten der Kommunalwirtschaft müssen ihre angestammten Gebiete der Konkurrenz öffnen. Wer zu Monopolzeiten 100 Prozent Marktanteile hatte, kann im Wettbewerb nur verlieren. Die Erhaltung des Unternehmens liegt dann in klarer Wettbewerbsorientierung, in neuen Geschäftsfeldern, im Schnüren von Dienstleistungspaketen oder in der Ausweitung des lokalen Marktes, also in einem Verhalten, das im Wettbewerb bei den Konkurrenten selbstverständlich ist. Die derzeitigen wirtschafts- und gemeindeverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen, das Handeln von Wettbewerbs- und Kommunalaufsichten und die Entscheidungen von Vergabekammern und Gerichten behindern eher ein erfolgreiches Agieren der kommunalen Unternehmen. Diese müssen wie normale Unternehmen im Markt agieren dürfen. Die europäische Wettbewerbsprägung ist Auslegungsmaßstab für die deutschen Gemeindeordnungen. Aus der europäischen Liberalisierung erwächst eine Pflicht zum wettbewerblichen Verhalten. Mit dieser Pflicht wird das Wirtschaften auch kommunaler Unternehmen zwangsgeprägt. Der öffentliche Zweck ist nur noch durch erfolgreiches Wirtschaften erreichbar, das sich in Wachstum und Gewinnerzielung dokumentiert.
Friedrich Wilhelm Held: Neue Entwicklungen im Gemeindewirtschaftsrecht
Zusammenfassung: Das neue Gemeindewirtschaftsrecht will den kommunalen Unternehmen durch die Eingrenzung der Subsidiaritätsklausel den Zugang insbesondere zu den Märkten der Versorgung mit Strom und Gas sichern, ohne ihnen den traditionellen Markt des Handwerks weiter zu öffnen. Dabei erweist sich die Subsidiaritätsklausel als nicht so wirksam wie die verfassungsrechtliche Bindung der kommunalwirtschaftlichen Betätigungen an einen "öffentlichen Zweck". Mit der wachsenden Ausgliederung kommunaler Aufgaben gewinnt die Sicherung der kommunalen Steuerungsverantwortung an Bedeutung. Ausgliederungsverbot und Beteiligungsbericht erweisen sich als nur eingeschränkt geeignet, die Einheit und demokratische Legitimationsverantwortung der kommunalen Selbstverwaltung zu sichern. Die Regelform "Kommunalunternehmen" ist besser geeignet, um die unternehmerische Flexibilität und demokratische Steuerungsverantwortung zu verbinden.
Elfi Bendikat: Der öffentliche Stadtraum in der Moderne: technische Funktionalität und Reglementierung
Zusammenfassung: Die industriellen urbanen Problemlösungsansätze, die zur Bewältigung der Krise der modernen Großstadt eine vorrangige Rolle spielten, dienen als Folie für die Untersuchung der Auswirkungen, die die Veränderungen im öffentlichen Raum in der Zeit von den 1920er-Jahren bis zur Renaissance der Innenstädte in den 1970er-Jahren hatten. Drei Veränderungsprozesse fanden statt: Erstens ermöglichte die Technik die Konstruktion neuer Raumebenen. Dies eröffnete dem Stadtbewohner neue Aktionsmöglichkeiten, Erfahrungen und Wahrnehmungen. Gleichzeitig reglementierten technisch-organisatorische Maßnahmen und restriktiv-regulierende Interventionen seitens der öffentlich-rechtlichen Körperschaften den Stadtbewohner zunehmend. Auch wurden Handel und Gewerbe vom öffentlichen Stadtraum in geschützte Innenräume oder halböffentliche Räume verdrängt. Zweitens wurde der öffentliche Raum durch eine Vielfalt verkehrstechnischer und kommerzieller Symbole vernetzt, mit ambivalenten Folgen für die Aktionsmöglichkeiten und Wahrnehmungen des Städters. Das dritte Phänomen betraf die Durchrationalisierung des Stadtraums und die Verhaltensreglementierung. Der Hauptleidtragende der Technisierung des öffentlichen Raums war der Fußgänger. Zum einen erfuhr er den Stadtraum zunehmend als Transit- und Beschleunigungsraum, der auf ein Netz aus Wegen und Distanzen reduziert wurde. Zum anderen reglementierten Verordnungen sein Verhalten. Grundsätzlich schätzte der Fußgänger am öffentlichen Stadtraum jedoch traditionelle Qualitäten.
Karl-Hermann Hübler: Gibt es eine Renaissance von Zukunftsstrategien für Großstädte in Europa?
Anmerkungen zu einem Beitrag von Klaus Brake in Band II/2000 des Archivs für Kommunalwissenschaften
Zusammenfassung: Der Verfasser bezweifelt die These, dass am Beispiel einer im Jahre 2000 veröffentlichten BerlinStudie von einer Renaissance von neuen Stadtentwicklungsstrategien gesprochen werden kann. Einerseits ist die Situation der Stadt Berlin auch im Jahre 2000 noch solitär und nicht vergleichbar mit anderen Städten; andererseits weist die BerlinStudie so viele inhaltliche und methodische Mängel auf, dass es unzulässig erscheint, aus ihr Hinweise über Zukünfte ableiten zu können. Der Verfasser benennt beispielhaft solche Mängel. Er plädiert indes für die Durchführung von Zukunftsstudien anderer Art für Regionen, die vor allem durch die EU-Osterweiterung besonders betroffen sein werden.
Die Autorinnen und Autoren dieses Hefts
Dr. Stephan Articus, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städtetages, Berlin/Köln, Straße des 17. Juni 114, 10623 Berlin, E-Mail: stephan [dot] articus [at] staedtetag [dot] de (stephan[dot]articus[at]staedtetag[dot]de)
PD Dr. Elfi Bendikat, Gastprofessorin an der Humboldt-Universität zu Berlin, Philosophische Fakultät I, Institut für Geschichtswissenschaften, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, E-Mail: elfi [dot] bendikat [at] rz-hu-berlin [dot] de (elfi[dot]bendikat[at]rz-hu-berlin[dot]de)
Friedrich Wilhelm Held, Ministerialdirigent a.D., bis 2001 Leiter der Kommunalabteilung im Innenministerium Nordrhein-Westfalen, E-Mail: w [dot] held [at] t-online [dot] de (w[dot]held[at]t-online[dot]de)
Prof. (emer.) Dr. Karl-Hermann Hübler, Technische Universität Berlin, Institut für Management in der Umweltplanung, Gesellschafter des Instituts für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH (IfS), Berlin, E-Mail: %20huebler [at] imup [dot] tu-berlin [dot] de (huebler[at]imup[dot]tu-berlin[dot]de)
Uwe Steckert, ehemaliger Stadtdirektor und Stadtkämmerer der Stadt Duisburg, jetzt Vorsitzender der Geschäftsleitungen des Duisburger Versorgungs- und Verkehrskonzerns, zu dem unter anderem die Duisburger Verkehrsgesellschaft AG und die Stadtwerke Duisburg AG gehören. E-Mail: steckert [at] stadtwerke-duisburg [dot] de (steckert[at]stadtwerke-duisburg[dot]de)
Prof. (emer.) Dr. Hellmut Wollmann, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Sozialwissenschaft, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, Gesellschafter des Instituts für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH (IfS), Berlin, E-Mail: hellmut [dot] wollmann [at] rz [dot] hu-berlin [dot] de (hellmut[dot]wollmann[at]rz[dot]hu-berlin[dot]de)