Informationen zur modernen Stadtgeschichte (IMS),

Kleine Städte

Cover der Publikation

Informationen zur modernen Stadtgeschichte (IMS), Bd. 2, 1999, 116 S., Deutsches Institut für Urbanistik 1999

Inhalt

Der Themenschwerpunkt der Ausgabe ist den Kleinstädten oder, um den diesem Begriff eigenen negativen Beigeschmack zu vermeiden, den "kleinen Städten" gewidmet. In der modernen Stadtgeschichtsforschung stehen sie zweifellos im Schatten der Großstädte, die für die Erforschung von Leitphänomenen des modernen Zeitalters wie Urbanisierung und Industrialisierung die bevorzugte räumliche Konkretisierung abgeben. Dieses Ungleichgewicht in der Behandlung lässt sich zwar erklären, jedoch nicht länger rechtfertigen. Clemens Zimmermann (Heidelberg) setzt sich in seinem Leitartikel eingangs mit der verbreiteten Anschauung auseinander, die traditionelle kleine Stadt, bevölkert von einem innovationsunfähigen Stadtbürgertum, sei seit der frühen Neuzeit in ständigem Niedergang begriffen - erst gegenüber dem frühmodernen Staat, dann durch die industriewirtschaftliche Dynamik und das Aufkommen der Großstädte. Im Anschluss zeigt der Autor den besonderen Stellenwert der kleinen Städte im Modernisierungsprozess auf und weckt das Interesse an ihrer Entwicklung mit einer Fülle von Fragestellungen.

Kleine Städte, so Zimmermann, erweisen sich heute als kontinuierliches Merkmal der Städtelandschaft, deren strukturelle Veränderungen eher von Geographen als von Historikern registriert werden. Sie weisen vielfältige Kulturangebote auf. Sie waren und sind Erfahrungsorte. Ihr Milieu prägt subjektive Realitäten und stellt einen mentalen Anker für beträchtliche Teile der Bevölkerung dar. Aus städtebaugeschichtlicher Perspektive ist die sich in aller Regel erst im 20. Jahrhundert vollziehende Auflösung ihrer fest umrissenen Gestalt das eigentliche Thema. Darüber hinaus erweist sich die kleine Stadt, wie sie in unserem Jahrhundert in die Metropolregionen, in die Verkehrswirtschaft und Konsumgesellschaft integriert wurde, als notwendiger Gegenstand allgemeiner Stadthistorie und Urbanisierungsforschung, lässt sich doch an ihr die Gebrochenheit und Vielgestaltigkeit der historischen Prozesse ablesen. Müssen wir indes die Geschichte der kleinen Städte nur als nachholend und nachvollziehend verstehen, ihre kulturelle Entwicklung einfach als adaptiv bezeichnen? Traditionsreiche Kleinstädte wurden im vergangenen Jahrhundert von der Dynamik der Verstädterung erfasst, etwa durch Abwanderung der jüngeren Menschen. Landstädte wurden zur Provinz. Dabei fiel ihnen aber eine Mittlerrolle bei der kulturellen Urbanisierung zu, und nicht alle diese Orte wurden abgedrängt und provinzialisiert. Welche also entwickelten sich zu Dienstleistungs- und Medienstandorten? Und umgekehrt: Welche Relevanz hatten relativ stabile Kleinstadtmilieus für die allgemeine politische Kultur, für die Geschichte der Wahlen und Parteien, und wann und inwieweit lösten sie sich auf?

Warum war und ist die kleine Stadt für viele als Lebensort attraktiv, und wer eigentlich fühlte sich in ihrer Mitte eingezwängt, fasste sie als langweilig, alternativenlos und trist auf? Die von Zimmermann gestellten Fragen werden in ergänzenden Beiträgen zum Themenschwerpunkt aufgegriffen und vielfältig variiert. Die Ausgabe enthält daneben eine Fülle weiterer stadtgeschichtlicher Informationen, darunter Tagungsberichte, sowie ständig wiederkehrende Übersichten über Tagungstermine, Stadtjubiläen, Lehrveranstaltungen, Sonderausstellungen und neue Literatur.

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