Informationen zur modernen Stadtgeschichte (IMS),

Hauptstadt und Hauptstädte

Cover der Publikation

Informationen zur modernen Stadtgeschichte (IMS), Bd. 2, 1996, 102 S., Deutsches Institut für Urbanistik 1996

Inhalt

Das föderalistische System der Bundesrepublik Deutschland hat seit 50 Jahren eine Entwicklung durchlaufen, in der neben der Bundeshauptstadt auch die Landeshauptstädte wichtige "Zentralfunktionen" ausüben. Während noch in der Weimarer Republik nicht nur die Reichsministerien, sondern auch die meisten übrigen obersten Reichsbehörden in Berlin zentriert waren und auch das Bank-, Börsen- und wirtschaftliche Verbändewesen überwiegend in der Reichshauptstadt an der Spree angesiedelt war, bilden heute die Landeshauptstädte einen Kranz von Nebenzentren. Darüber hinaus haben auch andere wichtige Großstädte wie Frankfurt oder Köln als Sitz von wichtigen Bundeseinrichtungen, als Zentren des Handels, der Berufs- und Wirtschaftsverbände sowie der Gewerkschaften besondere Bedeutung erlangt. Selbst wenn einige der jetzt verstreut liegenden Bundeszentren in den Landeshauptstädten und anderen städtischen Mittelpunkten in den nächsten zehn oder fünfzehn Jahren wieder nach Berlin als der alt-neuen Hauptstadt des vereinten Deutschland zurückverlagert werden, dürften insbesondere die einzelnen Landeshauptstädte als Zentren einer großregionalen Infrastruktur von überdurchschnittlicher Bedeutung bleiben. Dies hat nicht zuletzt auch historische Gründe.

Die deutsche Städtelandschaft des 18. und 19. Jahrhunderts war von einer Vielzahl von Residenz- und Landeshauptstädten geprägt. Viele dieser Städte haben inzwischen ihre Hauptstadtfunktion verloren. Dennoch sind sie oft wichtige kulturelle Zentren geblieben, die mit der Tradition ihrer Kirchen und Schlösser, Theater, Museen, Bibliotheken, Archive und anderen Einrichtungen die Vielfalt des deutschen Kulturlebens ausmachen. Auch die Entwicklung zum modernen, industriellen Nationalstaat war in starkem Maße durch die alten Landeshauptstädte - etwa als Standorte der neugegründeten Technischen Hochschulen - selbst dann vorgeprägt, wenn sie keine Zentren der Industrialisierung gewesen sind. Für den Historiker Kurt Düwell aus Düsseldorf, der in seinem Leitartikel die hauptstädtische Verhältnisse in den Blick nimmt, steht außer Frage, daß diese auch in Zukunft weiterhin sehr stark von ihrer historisch gewachsenen polyzentrischen Struktur geprägt sein werden.

Ein weiterer Akzent wird im IMS-Heft durch die Berichterstattung über den Kongreß der European Association of Urban Historians gesetzt, der diesmal in Budapest - dabei unter reger Beteiligung von Experten aus Deutschland - stattfand.

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