Expertise zur Ableitung von Entlastungspotentialen und -strategien
Die im Einflußbereich einer integrierten Stadt- und Verkehrsplanung liegenden Vermeidungs- und Verlagerungspotentiale im Autoverkehr wurden am Beispiel der brandenburgischen Stadt Oranienburg aufgezeigt. Dabei standen die Frage nach der Standortwahl für die zukünftige Neuansiedlung von Gewerbe-, Einzelhandel- und Wohnungsnutzungen innerhalb der Stadt Oranienburg sowie die der Straßenplanung im Mittelpunkt.
Ausgangspunkt ist die Analyse des Bestands und der zukünftigen Entwicklungspotentiale Oranienburgs bei der Neuansiedlung von Gewerbe, Einzelhandel und Wohnungen. Daran anschließend werden die für diese Nutzung in Frage kommenden Standorte jeweils mit Hilfe der ABC-Planungsmethode, die sich im Verlauf der Untersuchung als sehr nützliches Instrument erwies, unter dem Gesichtspunkt der standortspezifischen Verkehrserzeugung und des zu erwartenden Autoverkehrsaufkommens untersucht.
Die Untersuchung zeigt, daß durch eine integrierte Standortplanung in Oranienburg
- bei der Ansiedlung von Dienstleistungs-, Handwerks- und Industriebetrieben etwa 18,6 Prozent der werktäglichen Autofahrten oder 0,36 Fahrten pro Beschäftigten,
- bei der Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben rund 30,6 Prozent der Autofahrten oder 0,09 Autofahrten je m² Verkaufsfläche und
- bei der Ansiedlung von Wohngebieten etwa 27,4 Prozent des Autoverkehrs oder 0,28 Fahrten je Einwohner (mit neuer Wohnung)
vermieden werden können.
Im Endbericht wird daher empfohlen, die Prinzipien der ABC-Planung in der Stadt- und Verkehrsplanung und der Förderpolitik des Landes Brandenburg institutionell in Form einer überregionalen Körperschaft zu verankern.
Als zweites zentrales Instrument wird in der Difu-Expertise die Möglichkeit zur planerischen Steuerung der Wohnraumnachfrage behandelt. Um eine Nachverdichtung von dünnbesiedelten Gebieten ("Datschengebieten") zu steuern, wurden folgende Handlungsempfehlungen gegeben:
- Zur Verhinderung einer Nachverdichtung dünnbesiedelter Gebiete sollten Gemeinden das Instrument des einfachen Bebauungsplans nach § 30 Abs. 2 BauGB im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung nutzen. Diese Bebauungspläne können wegen ihrer geringen Regelungsdichte in kürzerer Zeit, mit weniger Personal und sogar für größere Gebiete aufgestellt werden.
- Da nicht alle Gemeinden eine Nachverdichtung in solchen dünnbesiedelten Gebieten verhindern wollen, sollte das Land Brandenburg Erschließungsstandards als Genehmigungsvoraussetzungen für Bauvorhaben festsetzen. Diese Standards könnten sich an der Qualität der Straßenbefestigung oder der Erschließung der Gebiete durch Bahn und Bus orientieren.
- Darüber hinaus sollte ein brandenburgisches Landesprogramm zur Begrenzung der Nachverdichtung in dünn besiedelten Gebieten geschaffen werden. Dabei sollten Gebiete, die bestimmte Kriterien erfüllen (z.B. unbeplanter Innenbereich nach § 34 BauGB, GFZ unter 0,3, unbefestigte Straßen, mangelnde technische Infrastruktur), mit geringerer Priorität bei der Förderung bedacht werden.
Auch das in vielen Mittelstädten Brandenburgs diskutierte Problem des Durchgangsverkehrs und der dort geforderten Umgehungsstraßen wurde bewertet. Die vorliegende Untersuchung weist nach, daß die geplante kreuzungsfreie Ortsumgehung (B96) Oranienburgs nicht die erwarteten Entlastungseffekte erreichen kann und sogar zu Neubelastungen in bisher wenig belasteten Stadtteilen führen wird. Es wird daher eine innerörtliche Entlastungsroute und ein großräumiges Umfahrungskonzept vorgeschlagen, mit dem die beabsichtigte Verkehrsberuhigung der Innenstadt wesentlich besser erreichbar ist. Nach Vorlage des Endberichts erfolgen Anfang 1998 weitere Abstimmungen und Präsentationen. Die Studie ist in der Reihe Difu-Materialien veröffentlicht.