Beteiligungsverfahren bei umweltrelevanten Vorhaben
Nicht erst seit „Stuttgart 21“ stehen Defizite in der bisherigen Beteiligungspraxis bei Planungs- und Bauvorhaben in Deutschland in der Diskussion. Insbesondere Verzögerungen und Scheitern von Infrastruktur-Großprojekten sowie anderer umweltrelevanter Vorhaben haben die Aufmerksamkeit auf die fachliche und strategische Vorbereitung derartiger Projekte gelenkt. Aktuelle Debatten fordern daher neue Formen einer umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung an diesen Planungen. Besondere Erwartungen richten sich hierbei auf informelle Beteiligungsverfahren. Informelle Verfahren bieten eine gute Möglichkeit mitzuwirken und mitzugestalten. Sie besitzen große Gestaltungsspielräume und damit Flexibilität, um auf spezifische Anforderungen einzugehen – allerdings fehlt ihnen häufig die Verbindlichkeit ihrer Ergebnisse. Erforderlich ist es daher, sie in Richtung Frühzeitigkeit, Augenhöhe und Transparenz zu verbessern und sie mit dem formalen Planungs- oder Genehmigungsverfahren sinnvoll zu verzahnen. Dies erfordert jedoch häufig, Kooperationsstrukturen und -kulturen zu verändern – geht es doch um neue Prozesse und ein gewandeltes Miteinander von Verwaltung, Politik, Vorhabenträger und Bürgerschaft. Das heißt auch, dass Akteure wie Vorhabenträger oder Genehmigungsbehörden ihr Selbstverständnis hinterfragen und womöglich andere Rollen als bisher übernehmen.
Ausgewählt wurden Beteiligungsverfahren mit beispielhaften Lösungsansätzen für die drei thematischen Schwerpunkte des Forschungsvorhabens: a) Verzahnung von informeller Öffentlichkeitsbeteiligung und formellem Planungs- und Genehmigungsprozess; b) Rolle und Zusammenspiel von Vorhabenträgern und Genehmigungsbehörden und c) Adressaten der Öffentlichkeitsbeteiligung: Repräsentanz, Aufgaben und Rolle der Zivilgesellschaft. Fünf Projekte wurden vertiefend als Fallstudien untersucht. Hier standen die unterschiedlichen Perspektiven und Bewertungen insbesondere von Vorhabenträgern, Genehmigungsbehörden, (Umwelt-)Verbänden und Bürgerinitiativen im Mittelpunkt. Besondere Sorgfalt wurde auf die Dokumentation der unterschiedlichen Sichtweisen der verschiedenen Akteursgruppen gelegt.
Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Studie: Der Aufbau einer tragfähigen Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren ist ein Schlüssel für das Gelingen von Öffentlichkeitsbeteiligung. Dies ist nicht selbstverständlich, sondern Ergebnis umfassender Bemühungen und stellt letztlich einen Lernprozess für alle Beteiligten dar. Die dabei gewonnenen guten sowie weniger guten Erfahrungen mit Öffentlichkeitsbeteiligung bieten den Ausgangspunkt für „drei mal drei“ Botschaften, in denen die Ergebnisse zusammengeführt wurden. Diese sollen privaten und öffentlichen Vorhabenträgern, Genehmigungsbehörden, (Umwelt-)Verbänden sowie anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren einen Weg weisen, wie Öffentlichkeitsbeteiligung gut zu gestalten ist. Die Reflexion und Diskussion der Botschaften sollen Impulse für eine veränderte Praxis der Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltrelevanten Vorhaben geben und, wo nötig, Reformen einzelner Verfahrensschritte einleiten.