Studie: Große Wohnsiedlungen benötigen mehr Aufmerksamkeit | Investitionsbedarf errechnet
Das Deutsche Institut für Urbanistik und das Kompetenzzentrum Großsiedlungen untersuchten die Entwicklungsperspektiven großer Wohnsiedlungen
Berlin. In Deutschland leben acht Millionen Menschen in Großsiedlungen*. Ob Berlin-Hellersdorf, Neue Vahr Bremen, Dresden Gorbitz, Nordostbahnhof Nürnberg oder Buchheimer Weg Köln, zehn Prozent des deutschen Wohnungsbestands - und damit etwa vier Millionen Wohnungen - liegen in solchen großen Siedlungen.
Nach einer neuen Studie, die das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) zusammen mit dem Kompetenzzentrum Großsiedlungen e.V. erarbeitete, sind diese Siedlungen enorm wichtig für die Städte, denn sie sind meist die Quartiere mit dem preisgünstigsten Wohnraum. Durch Großsiedlungen kann der Bevölkerung bezahlbarer Wohnraum bereitgestellt werden, was Einkommensschwächere unterstützt und nicht zuletzt dem sozialen Frieden dient.
Laut der heute in Berlin im Rahmen der Fachkonferenz „Weiterentwicklung großer Wohnsiedlungen“ vorgestellten Studie wird der Investitionsbedarf in den großen Wohnsiedlungen - gemessen an realistischen Zielquoten für die Modernisierung und eventuellen Neubau - für den Zeitraum bis 2030 auf 56 Mrd. Euro geschätzt. Darin sind noch keine Investitionen in die soziale und technische Infrastruktur im Wohnumfeld enthalten. Diesem Bedarf stehen derzeit bereits absehbare Investitionsabsichten mit einem Volumen von 33 Mrd. Euro gegenüber.
Große Wohnsiedlungen haben oft ein schlechtes Image, das mit dem Siedlungsalltag meist wenig zu tun hat. Entgegen ihrer zahlreichen - oft negativen - Darstellung in den Medien, genießen solche Siedlungen noch selten einen hohen Stellenwert in der Stadtentwicklungsplanung. Dies sollte sich ändern. Den größten Einfluss haben hierbei die Eigentümer der Siedlungen: die kommunalen und privaten Wohnungsunternehmen, die Genossenschaften sowie Eigentümergemeinschaften und Wohnungseigentümer. Sie sind gefragt, die Wohnsiedlungen als attraktive Lebensräume und Alltagsorte zu entwickeln. Neben der Erneuerung der Gebäude umfasst dies vor allem auch das Wohnumfeld, die Funktionsmischung oder die Infrastruktur. Auch die Beziehung zur Gesamtstadt muss in der Planung berücksichtigt werden.
Vor dem Hintergrund des angespannten Wohnungsmarktes müssen Gesellschaft, Politik und Investoren künftig auch bestehende Potenziale für Wohnungsneubau (Flächen, Aufstockungen) der Großsiedlungen stärker ins Blickfeld rücken.
Aufgrund der demografischen Entwicklung wird künftig die barrierearme Gestaltung von Wohnraum und Quartieren in bestimmten Marktsegmenten das zentrale Vermietungsargument werden. Auch die energetische Modernisierung Gebäude bleibt weiterhin notwendig. Gefragt sind hier kostengünstige Lösungen, die ein Erreichen der Energieeinsparziele (EnEV) auch unter schwierigeren Marktbedingungen ermöglichen.
Beauftragt und finanziert wurde die Untersuchung durch den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), den Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden (BBS) und den Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) sowie das Kompetenzzentrum Großsiedlungen e.V.
Die gesamten Ergebnisse der Studie werden in einem ausführlichen Bericht dokumentiert. Die Veröffentlichung ist zu Beginn des zweiten Quartals 2015 vorgesehen.
*Unter den Siedlungsbegriff der Studie fallen die in den 1920er bis 1980er Jahren des 20. Jahrhunderten errichteten Wohnquartiere des mehrgeschossigen Mietwohnungsbaus, die mehr als 500 Wohnungen bzw. 1.000 Einwohnern haben.
Ansprechpartner:
Dr. Busso Grabow, Telefon: 030/39001-248, grabow [at] difu [dot] de (grabow[at]difu[dot]de)
Dipl.-Ing. Ricarda Pätzold, Telefon: 030/39001-190, paetzold [at] difu [dot] de (paetzold[at]difu[dot]de)
Dipl.-Kfm. (FH) Stefan Schneider, Telefon: 030/39001-261, schneider [at] difu [dot] de (schneider[at]difu[dot]de)