Weniger Flächen verbrauchen und gleichzeitig die Haushalte entlasten
Ergebnisse eine dreijährigen Forschungsvorhabens veröffentlicht. Weniger Flächen verbrauchen und gleichzeitig die Haushalte entlasten: Intelligente Strategien und Instrumente zur Verminderung des Flächenverbrauchs entwickelt
Berlin. In Deutschland wird täglich eine Fläche von rund 140 Fußballfeldern verbraucht, obwohl aufgrund der demographischen Entwicklung von Jahr zu Jahr weniger Menschen das Land bewohnen werden. Weniger Menschen heißt auch weniger Auslastung der Infrastruktur. In Gebäude und Straßen muss jedoch stets investiert werden, um ihren Wert und Nutzen dauerhaft zu sichern. Weniger Flächen neu in Anspruch nehmen, brachliegende Flächen mobilisieren und gleichzeitig die Haushalte entlasten: Diese Ziele könnten nach den heute veröffentlichten Ergebnissen eines Forschungsprojekts durchaus erreicht werden. Dazu ist künftig der Einsatz eines neuen Policy-Mix zur wirksamen Verminderung des Flächenverbrauchs erforderlich. Begleitend bedarf es einer noch stärkeren Konzentration der Stadtentwicklung auf die Innenbereiche. Flächen möglichst dauerhaft in Nutzung zu halten, lautet die Devise der Flächenkreislaufwirtschaft. Das dreijährige Forschungsvorhaben "Fläche im Kreis - Kreislaufwirtschaft in der städtischen/stadtregionalen Flächennutzung" wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBR) vom Deutschen Institut für Urbanistik in Kooperation mit der Projektgruppe Stadt + Entwicklung und der Sonderforschungsgruppe Institutionenanalyse bearbeitet. In Planspielen erarbeiteten die Wissenschaftler gemeinsam mit kommunalen Praktikern Strategien und Instrumente zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme auf 30 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2020. Beteiligt an dem Forschungsfeld des "Experimentellen Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt)" waren die StadtRegion Stuttgart, die Region Mölln, die Planungsregion Rheinhessen-Nahe, die Stadt Duisburg sowie die Planungsregion Nordthüringen. Mit der "Flächenkreislaufwirtschaft" wurde ein neuer Politik- und Steuerungsansatz entwickelt, der auf einer veränderten Nutzungsphilosophie nach der Formel "Vermeiden - Verwerten - Ausgleichen" fußt. Stadtentwicklung soll nicht mehr gleichbedeutend sein mit Siedlungsexpansion, sondern künftig vorwiegend auf Bestandsflächen erfolgen - und das zum Wohle der Stadt und der dort lebenden Menschen. Die Flächenkreislaufwirtschaft nutzt vorhandene Flächenpotenziale intensiver und lässt nur unter bestimmten Bedingungen die Inanspruchnahme neuer Flächen zu. "Es gilt, die planerischen und gestalterischen Herausforderungen von Innenentwicklung, Brachflächenrecycling und Anpassung der Siedlungsstruktur an neue Bedarfe als Chance zu begreifen, um attraktive Standortbedingungen zu schaffen, die eine hohe Wohn- und Lebensqualität mit wirtschaftlichem Wachstum vereint", so Staatssekretär Dr. Engelbert Lütke Daldrup aus dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) auf der Konferenz "Perspektive Flächenkreislaufwirtschaft" am 17.11.2006 in Berlin. Im Forschungsfeld haben die Planspielregionen mehr als 50 bestehende und neue Instrumente und Strategien bewertet und gewichtet. Durch eine Kombination bestehender und neuer planerischer, rechtlicher und ökonomischer Instrumente und Strategien kann der Weg zur Erreichung der flächenpolitischen Ziele geebnet werden. Dieser Policy-Mix zielt auf eine deutliche Schonung des bisher unbebauten Außenbereichs, auf eine verstärkte Innenentwicklung durch Nutzung von Brachflächen, Baulücken und Nachverdichtungsmöglichkeiten, auf die Aufwertung von Siedlungsflächen und die Begrenzung der Neuinanspruchnahme von Flächen. Damit wird auf die unterschiedlichen Anforderungen sowohl in wachsenden als auch in schrumpfenden Regionen, Städten und Stadtteilen reagiert. Die Empfehlungen der Planspielregionen konzentrieren sich darauf, durch verbesserte Informationen über vorhandene Flächenpotenziale den Flächenverbrauch deutlich zu senken, realistische und an den demografischen Entwicklungen orientierte Abschätzungen des Flächenbedarfs in der Planung vorzunehmen sowie konsequenter Mengenziele in der Regionalplanung festzulegen. Weiterhin sollten bestehende Förderprogramme künftig vorrangig in die Entwicklung von Flächen und Gebäuden im Innenbereich der Städte und Gemeinden gelenkt werden. Der Stadtumbau nimmt dabei eine wichtige Rolle in Städten oder Stadtteilen mit Leerstands- und Wegzugstendenzen ein. Nach Einschätzung der Forschungsgruppe sind zur Erreichung der flächenpolitischen Ziele bis zum Jahr 2020 weitere und neue Maßnahmen erforderlich, die die bestehenden Instrumente ergänzen und finanzielle Anreize für die gezielte Flächenausweisung und -nutzung bieten. Hierzu könnten insbesondere Kosten-Nutzen-Betrachtungen zur Bilanzierung investiver und langfristiger Kosten von Flächenneuausweisungen beitragen. Positiv würde sich eine Neuausweisungsumlage für die Inanspruchnahme bisher unbebauter Flächen und eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs zur Unterstützung von Innenentwicklungsvorhaben durch Zweckzuweisungen auswirken. Auch Grundstücksfonds können einen wichtigen Beitrag zur Mobilisierung des in einigen Regionen Deutschlands umfangreichen und wachsenden Brachflächenpotenzials beitragen. Kontakt: +++ Dr. Fabian Dosch, Dr. Peter Jakubowski, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) Telefon: 022899/401-2307/-2243, Telefax: 022899/401-2260, E-Mail: fabian [dot] dosch [at] bbr [dot] bund [dot] de +++ Dipl.-Ing. agr. Thomas Preuß, Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) Telefon: 030/39001-265, Telefax: 030/39001-241, E-Mail: preuss [at] difu [dot] de Infos & weiterführende Links zu den im Rahmen des Projekts erschienenen Produkten: Band 1 der neuen Buchveröffentlichungsreihe "Fläche im Kreis" zum Download. (Grundlagen der Flächenkreislaufwirtschaft, Besonderheiten dieses neuen Politik- und Strategieansatzes, Ausgestaltung der Planspiele und beteiligte Planspielregionen)