Strukturierte Beteiligung
Kommunale Bürger*innenbeteiligung umfasst weitaus mehr als einzelne Beteiligungsprojekte. Zahlreiche Städte haben sich in den letzten Jahren zum Ziel gesetzt, eine übergreifende und integrierte Beteiligungsstrategie zu entwickeln und ihre Beteiligungsprojekte unter dem Dach einer kommunalen Beteiligungskultur zu bündeln. Damit wird das Konzept einer „Strukturierten Beteiligung“ verfolgt. Das Fundament eines solch übergreifenden Konzepts bilden in der Regel Leitlinien(-prozesse) für die kommunale Bürger*innenbeteiligung mit Bausteinen wie Vorhabenlisten, Beteiligungsgremien und Beteiligungsplattformen. Bislang gibt es keinen systematischen Überblick über den Status-quo Strukturierter Beteiligung. Daher fehlen Antworten auf die Frage, welche Strategie-, Konzept- und Umsetzungsbausteine eine Kommune einsetzt und welche Erfahrungen sie mit der Umsetzung macht. Gemeinsam mit 16 Städten hat das Difu die Fragen aufgegriffen, um im Rahmen eines Forschungsprojekts auszuloten, wie Strukturierte Beteiligung kommunal ausgestaltet wird, was sie leisten kann, was Kommunen voneinander lernen können und welche offenen Fragen bleiben.
Die im Projekt vollzogene gemeinsame Reflexion und Diskussion in Workshops sowie die vertiefte Analyse einzelner Bausteine einer Strukturierten Beteiligung verdeutlichen vor allem Folgendes: Für das übergreifende Konzept sind kein einheitlicher Aufbau und auch keine für alle Städte und Gemeinden in gleicher Weise geltenden Konzepte und Vorgehensweisen vorhanden oder erforderlich. Identifiziert werden konnten jedoch wichtige Bausteine für eine Strukturierte Beteiligung, die zur Qualifizierung von Beteiligung beitragen.
Es zeigt sich, dass Leitlinien den Informationsfluss und die Kommunikation verbessern, die Transparenz von Prozessen und die Verbindlichkeit der Beteiligung vergrößern und perspektivisch die kommunale Beteiligungskultur sowie die lokale Demokratie stärken können. Dabei betrifft die Umsetzung der Leitlinien vorrangig die Verwaltung, denn sie fördert dort die ämterübergreifende Zusammenarbeit, die Koordination von Arbeitsabläufen und das interne Projektmanagement. Ob Vorhabenlisten, die einen gesamtstädtischen Überblick zu städtischen Vorhaben und Beteiligung geben, ob Beteiligungsplattformen, die als Informations- und Beteiligungstool fungieren – die neuen Beteiligungsinstrumente werden von den Projektbeteiligten als Hebel zur Transformation der Verwaltung geschätzt. Gleichzeitig zeigen die Erfahrungen in den Kommunen, dass die Stadtgesellschaft bisher nicht zufriedenstellend erreicht wird. Ob dies als grundsätzliches Defizit einer Strukturierten Beteiligung gedeutet werden muss, wurde von den beteiligten kommunalen Akteuren kontrovers diskutiert. Leitlinienprozesse sollten unabhängig davon durch gezielte Formate ergänzt werden, die die Bevölkerung bzw. einzelne Bevölkerungsgruppen adressieren, niedrigschwellige Kommunikation unterstützen und eine offene Beteiligungskultur fördern, die Ideen aus der Stadtgesellschaft aufnimmt. Deutlich wurde, dass Strukturierte Beteiligung ohne Rückenwind und eine unterstützende Haltung durch die politische Spitze wirkungslos bleibt und nur dann erfolgreich entwickelt werden kann, wenn die Kommunalpolitik mit im Boot ist.
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