Foto: Fußgängerzone
Veranstaltungsbericht

Zusammenhalt braucht Räume – Chancen für integrative Wohnformen

Welche Auswirkungen haben Wanderungsprozesse für das Zusammenleben und den sozialen Zusammenhalt und welche Integrationskraft kann Wohnen entfalten? Darum ging es bei der Abschlusstagung des Forschungsprojekts „Zusammenhalt braucht Räume“.

Ingrid Breckner, Professorin für Stadt- und Regionalsoziologie an der HafenCity Universität Hamburg hob in ihrer Keynote hervor, wie wichtig Wohnsicherheit für gesellschaftliche Teilhabe ist. Sie machte deutlich, dass Wohnsicherheit angesichts einer Wohnungskrise, die sich vor allem in deutschen Wachstumszonen vollzieht, gefährdet ist. Aufgrund steigender Mieten und mangelndem bezahlbaren Wohnraum nimmt Wohnunsicherheit bis in die Mitte der Gesellschaft zu. Angesichts dessen seien die konsequente Unterbindung von Boden- und Wohnraumspekulationen, die Berücksichtigung aller am Wohnungsmarkt benachteiligten Haushalte und die systematische Untersuchung von Diskriminierungspraktiken auf den Wohnungsmärkten zentrale Voraussetzungen für die notwendige Gewährleistung eines sicheren Wohnens. Diese Maßnahmen, so Breckners Fazit, forderten den Rahmen einer gemeinwohlorientierten Strategie der Wohnraumversorgung.

Welche Rolle und Wirkungen besondere Wohnprojekte – gemeinschaftliche oder integrative– in diesem Zusammenhang spielen, wurde kontrovers diskutiert. So war umstritten, ob das Ankommen und die Integration neuzugewanderter Menschen stärker durch sozialorientierte Wohnprojekte oder durch dezentrale Unterbringung von Geflüchteten innerhalb bestehender Wohnstrukturen gefördert werden. Einigkeit bestand darin, dass besonders für geflüchtete Menschen der Zugang zu (bezahlbarem) Wohnraum schwierig ist. Demzufolge wurden eine Stärkung der kommunalen Boden- und Bestandspolitik sowie die Begleitung und Unterstützung vulnerabler Gruppen bei der Wohnungssuche und -sicherung gefordert.

Auf der Tagung präsentierte integrative Wohnprojekte zeigen, worauf es ankommt: soziale Zusammensetzung der Bewohnerschaft, gemeinwohlorientierte Trägerkonstellation, Nachbarschafts- und Quartiersbezug, zivilgesellschaftliches Engagement, architektonische Erscheinungsform, baulich-räumliche Typologie und städtebaulicher Kontext.

Ein internationales Beispiel bot Alexander Hagner, Architekt und Hochschullehrer in Kärnten, mit einer Evening Lecture zum Thema „Architektur und Soziabilität“. Er erörterte am Beispiel des Wiener Wohnprojekts „VinziRast-mittendrin“, wie gesellschaftliche Diversität und ein Miteinander im Raum durch baulichräumliche Planungen positiv beeinflusst werden können. In diesem Wohnprojekt leben obdachlose Menschen und Studierende zusammen. Es zeigt, dass qualitätsvolle Architektur und partizipative Planungs- und Bauprozesse mit und für stigmatisierte Menschen und Gruppen sich nicht ausschließen – im Gegenteil.

Das Forschungsprojekt „Zusammenhalt braucht Räume – Chancen und Perspektiven integrativer Wohnformen“ wurde vom Difu in Kooperation mit der Universität Stuttgart, Prof. Dr. Christine  Hannemann, durchgeführt. Gefördert wurde es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

aus: Difu-Magazin Berichte 2/2020