Stadtentwicklung und Integration: Ticken kleine Städte anders?
Wie verändert Vielfalt die Innenstädte? Wie lassen sich gesellschaftliche Teilhabe und sozialer Zusammenhalt in der Migrationsgesellschaft fördern? Welche Beiträge leisten integrierte Konzepte zur Stärkung der Innenstädte? Welche neuen Raumangebote sind erforderlich? Wie beeinflusst die zunehmende Vielfalt die städtische Identität? Diese für die Stadtentwicklungs- und Integrationspolitik der Kommunen zentralen Fragen waren es, die rund 130 Personen aus Forschung und Praxis bei der Abschlusstagung in Vorträgen, Gesprächsrunden und Panels aufgriffen und gemeinsam mit den Projektbeteiligten diskutierten.
Prof. Martin zur Nedden, Wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer des Difu würdigte zur Begrüßung die Leistungen kleinerer Städte. "Die an dem Projekt beteiligten Kommunen haben sich ausgesprochen engagiert den Herausforderungen von Zuwanderung und Integration gestellt. Das Difu nimmt dies zum Anlass und als Impuls, kleinere Städte noch stärker als bislang darin zu unterstützen, die Daueraufgabe Integration in den kommunalen Alltag zu überführen". Dr. Bettina Reimann, Leiterin des Forschungsprojekts, stellte zentrale Projektergebnisse vor und hob hervor, wie wichtig der Erfahrungsaustausch zwischen den Projektkommunen für die jeweils eigene Positionierung im Themenfeld war. Im Ergebnis gestaltete sich das Projekt für die kommunale Praxis und die Forschung als Lernprozess. So haben sich Ausgangsthesen und -fragestellungen weiterentwickelt. Festgestellt wurde zudem, dass die Zuwanderung von Geflüchteten vielerorts als Katalysator für das Thema Integration wirkte.
Die Einbettung in wissenschaftliche Fachdiskurse und den Anstoß für weitergehende Diskussionen lieferte die Forschung: Prof. Dr. Andreas Pott vom Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück sprach mit Blick auf den Zuwachs von Kindern mit Migrationshintergrund von einer "demografischen Revolution". Er stellte zudem fest, dass sich die mit Integration verbundenen Anforderungen in der Regel – negativ – auf "die anderen" bezögen. Statt einer zweigeteilten Gegenüberstellung zwischen "Wir" und "Ihr" plädierte er dafür, diskursive Zugehörigkeiten herzustellen. Den Kommunen käme die wichtige Aufgabe zu, Integrationsprozesse zu moderieren. Prof. Dr. Roland Roth von der Hochschule Magdeburg-Stendal hob hervor: "Über Vielfalt redet die deutsche Einfalt". Einen Ausweg aus homogenen Denk- und Handlungsmustern sah er in der Förderung von Begegnungen durch niedrigschwellige und kommunikative Formate. Prof. Dr. Erol Yildiz vom Institut für Erziehungswissenschaft der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck hob hervor, dass in Deutschland mittlerweile jeder Fünfte ausländische Wurzeln habe. Menschen seien nicht auf einen Ort und eine Kultur festzulegen, sie könnten als "mehrheimisch" bezeichnet werden, was beim Umgang mit Fragen zu Integration und "Vielheit" viel zu wenig beachtet werde.
Im Rahmen der Tagung wurde auch das Positionspapier "Integration in Bewegung bringen – Die Handlungsfähigkeit von Klein- und Mittelstädten stärken" veröffentlicht. Das Positionspapier, das online verfügbar ist, bildet die Quintessenz aus drei Jahren Forschung und Praxis ab. Mit ausgewählten und zugespitzten Schlaglichtern auf das Thema Integration in Klein- und Mittelstädten lädt das Projektteam die Fachöffentlichkeit ausdrücklich zur Diskussion ein. Geschöpft wurde aus dem Wissensfundus des Projekts. Dabei werden zum einen gute Voraussetzungen, Potenziale und Hemmnisse aufgezeigt. Zum anderen werden Perspektiven für den künftigen Umgang mit dem Thema entwickelt und dafür erforderliche Weichenstellungen identifiziert.