Neue Arbeitswelten bei Mobilität und mobilen Diensten
Derzeit entstehen zahlreiche neue Mobilitätsangebote wie Freefloating-Verleihsysteme für Fahrräder und Elektro-Tretroller. Der Online-Handel verleiht der KEP-Branche, also den Kurier-, Express- und Paketdiensten, Auftrieb – Lieferdienste bringen beispielsweise das Wunsch-Menü bis an den Arbeitsplatz oder in die Wohnung. Plattforen schaffen einen einfachen Zugang zu diesen Dienstleistungen, die den Alltag erleichtern. Doch was bedeuten diese Entwicklungen für die Arbeit? Wie entwickelt sich die Beschäftigung? Wie sehen die Arbeitsverhältnisse in der neuen digitalen Welt aus – auch die jenseits kreativer Jobs in schicken Arbeitslofts?
Das Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. in Potsdam beauftragte das Difu im Rahmen der "Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 – Arbeitsgruppe Zukunft der Arbeit" mit der Erstellung der Studie "Strukturwandel der Arbeit im Kontext der Agenda 2030/Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie am Beispiel gemeinschaftlicher Mobilitätsformen in Deutschland". In der Studie geht das Difu dem Strukturwandel der Arbeitswelt am Beispiel von Entwicklungen bei neuen Mobilitätsangeboten und mobilen Diensten nach. Im Fokus stehen dabei die neuen Mobilitätsdienstleistungen "Ridepooling" sowie Car- und Bikesharing. Bei den mobilen Diensten stehen ambulante Pflege und Lieferdienste im Vordergrund. In der Studie werden Erwerbsarbeit und unbezahlte Arbeit betrachtet. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf unentgeltlichen Tätigkeiten, die überproportional oft von Frauen verrichtet werden, wie beispielsweise die Pflege Angehöriger oder die Rufbereitschaft des "Mama-Taxis".
Die Studie verfolgte zwei Ziele: Erstens sollte die Frage beantwortet werden, wie verschiedene Formen gemeinschaftlicher Mobilität und mobiler Dienste zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können. Zweitens galt es herauszufinden, welche Anforderungen für die Gestaltung des Strukturwandels der Arbeit sich für die Bereiche gemeinschaftliche Mobilität und mobile Dienste ergeben. Eine nachhaltige Entwicklung kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden: Energieeffizienz, Ressourcenverbrauch, Flächeninanspruchnahme, Erreichbarkeit aber auch Geschlechtergerechtigkeit. Neue gemeinschaftliche Mobilitätsformen können die Mobilität verbessern, weil die Abhängigkeit vom ÖPNV mit seinen festen Fahrzeiten und auch die vom eigenen Auto aufgelöst wird. Es besteht aber auch die Gefahr von Rebound-Effekten, wenn aufgrund der Verfügbarkeit des Angebots zusätzliche Nachfrage generiert wird und sonst Radfahrende und zu Fuß Gehende auf motorisierte Angebote umsteigen. Eine nachhaltige Verkehrsentwicklung benötigt eine steuernde Politik, die durch Prioritätensetzung bei der Infrastruktur einen Rahmen für die Entwicklung setzt – zum Beispiel durch Erhalt und effizientere Nutzung vorhandener Infrastrukturen vor Neubau und durch die Einführung von Abgaben, wie z.B. eine CO2-Steuer oder eine Straßenbenutzungsgebühr.
Plattformökonomien sind ein zentraler Trend für die Restrukturierung von Arbeitsverhältnissen und Einflussmöglichkeiten der Beschäftigten. Plattformbetreiber verfügen meist über eine hohe Marktmacht, aber Beschäftigte nur über eine schwache Interessenvertretung. Daher stellt sich die Frage, welche Regelungen künftig für die gute Organisation von Arbeit notwendig sind, beispielsweise auch im Hinblick auf eine zuverlässige Erfassung der Arbeitszeit. Reformüberlegungen im Hinblick auf Plattformökonomien gehen dahin, den Arbeitnehmerstatus, der durch persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber definiert ist, auf diejenigen auszuweiten, die sachlich oder wirtschaftlich abhängig sind. Und nicht zuletzt geht es auch um die Frage, wie die Wertschätzung unbezahlter Arbeit erhöht werden kann, denn auch durch diese wird ein Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt geleistet – nicht nur durch Dienstleistungen, die auf Erwerbsarbeit beruhen.