Die Zukunftsstadt gemeinsam gestalten – geht das?
Zum Urban Thinkers Campus in Mannheim hatten zwei Teams geladen: das Team des Forschungsprojekts „Migrants4Cities“ und das Difu-Synthese- und Vernetzungsprojekt „SynVer*Z“, das die Zusammenarbeit von rund 50 Verbundprojekten der Förderinitiativen zur „Nachhaltigen Transformation urbaner Räume“ und zur „Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) koordiniert.
Im Zusammenhang mit der nachhaltigen Transformation von Städten ist vielfach von Reallaboren die Rede. Sie sind auf Zeit angelegte Experimentierräume, in denen städtische Veränderungsprozesse erforscht werden sollen. So kann „ganz real“ und im Zusammenspiel mit den Akteuren vor Ort erprobt werden, wie bestimmte Maßnahmen wirken. Reallabore werden oft von der Stadtforschung initiiert.
Im Projekt Migrants4Cities wurde mit der Methode Urban Design Thinking gearbeitet. Dabei werden urbane Innovationen nicht von Planenden erdacht oder durch Technologien getrieben, sondern ko-produktiv von der Wohnbevölkerung und gemeinsam mit Fachleuten erarbeitet. Der Bedarf der Menschen vor Ort ist Ausgangspunkt für die Ausarbeitung und Umsetzung passender Lösungen. „Das ist in Mannheim tatsächlich gelungen, u.a. beispielsweise mit der prototypisch umgesetzten Arbeitsbox für das flexible Arbeiten im Grünen“, betonte Prof. Elke Pahl-Weber, die die Methode an der TU Berlin entwickelt hat, in ihrer Keynote. „Je grundlegender allerdings die für eine klimafreundliche Stadt nötigen Regel-und Verhaltensänderungen sind, desto herausfordernder sind auch die Aushandlungsprozesse, dies hat sich beispielsweise beim Thema nachhaltige Mobilität gezeigt,“ führte sie weiter aus.
„Ist mit Bürger*innen eine substanzielle Nachhaltigkeitswende also überhaupt zu erwarten?“, fragte Moderatorin Dr. Susanne Schön vom inter 3 Institut für Ressourcenmanagement die Anwesenden. Bei der lebhaften Debatte darüber, inwieweit grundlegende Regel- und Verhaltensänderungen durch partizipative, ko-produktive Verfahren angestoßen werden können, kamen dazu neben den Erfahrungen aus „Migrants4Cities“ auch zahlreiche Stimmen der Teilnehmenden aus Wissenschaft, Kommunen und Zivilgesellschaft zu Wort.
Im zweiten Teil des Panels stand die Frage im Zentrum, wie es mit den Ergebnissen und geschaffenen Strukturen nach dem Ende solcher Projekte weitergeht. Inwiefern gelingt es, lokale Netzwerke so aufzubauen, dass sie über die zeitliche Begrenzung hinaus Bestand haben und Wirkungen für die Stadtentwicklung entfalten? Was passiert beispielsweise mit der „Arbeitsbox“, wer aus dem Kreis der Beteiligten wird die entwickelte Lösung weiter umsetzen und für Mannheim nutzbar machen? „Der Anspruch von Reallaboren und anderen, ähnlichen experimentellen Formaten, die in der Stadtforschung und -entwicklung eingesetzt werden, ist es häufig, nicht nur neue Lösungen zu entwickeln, sondern auch Akteursnetzwerke aufzubauen und Lernprozesse zu kreieren“, hob Jens Libbe vom Deutschen Institut für Urbanistik hervor. „Doch ob und wie dies gelingt, damit beschäftigen sich die Beteiligten bisher noch nicht wirklich systematisch.“ Es stellt sich also die Frage, welchen Gewinn die Kommunen und andere Akteure in Stadt und Quartier aus der Mitwirkung an einem Reallabor letztlich ziehen und wie sich dieser bewerten lässt. Christian Hübel, Leiter des Fachbereichs Demokratie und Strategie der Stadt Mannheim, brachte die Sichtweisen vieler der Teilnehmenden in der anschließenden Debatte auf den Punkt: „Dreh- und Angelpunkt ist der Übergang vom Labor in die politische und administrative Praxis. Dafür braucht es Kümmerer und definierte ‚Einflugschneisen‘.“