Windräder auf einer Wiese
Governance & Verwaltung | Infrastruktur

Stromnetzausbau vor Ort

Die Energiewende findet in den Städten, Gemeinden und Landkreisen statt. Wie Kommunen ihre Rolle in der Öffentlichkeitsbeteiligung finden und ausfüllen und welche Handlungsmöglichkeiten sie haben, beleuchtete ein Difu-Forschungsvorhaben.

Kommunen geraten bei der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Ausbau der Übertragungsnetze in ein Spannungsfeld widersprüchlicher Anforderungen und Erwartungen. Sie haben einen Beitrag zum von der Bundesregierung gesteckten Ziel der Energiewende zu leisten, das in der konkreten Umsetzung nicht zwangsläufig kommunalen Interessen entspricht. Gleichzeitig sind sie mit Ängsten und Protesten seitens der Bürger*innen vor Ort konfrontiert. Wie Kommunen mit diesen Widersprüchen umgehen und sich positionieren, beleuchtet ein Forschungsprojekt.

Das Difu bearbeitete gemeinsam mit dem Centrum für Umweltmanagement, Ressourcen und Energie (CURE) an der Universität Bochum das Forschungsprojekt „Stromnetzausbau vor Ort: Die Rolle von Kommunen als Dialogbrücken zwischen nationaler Planung und lokalem Protest“. Im Fokus des zweijährigen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Forschungsvorhabens standen die Aufgaben und die Rollen von Kommunen im Rahmen des Ausbaus von Höchstspannungsleitungen – ein bislang „blinder Fleck“ der Forschung. Dabei verfolgte das Projektteam vor allem drei Ziele:

  • wissenschaftliche Aufarbeitung der Aufgaben und Rollen von Kommunen in der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Stromnetzausbau in einer repräsentativen Kommunalbefragung sowie zwei Fallstudien,
  • Identifizierung von fördernden und hemmenden Faktoren, die das Handeln der Kommunen in der Öffentlichkeitsbeteiligung beeinflussen und 
  • Erarbeitung von Lösungskonzepten zur Stärkung der Städte, Gemeinden und Landkreise als konkrete Orte des Stromnetzausbaus.

Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass vor allem kleine Städte und Gemeinden in ländlichen Regionen vom Stromnetzausbau betroffen sind: Über die Hälfte der betroffenen Kommunen haben weniger als 5.000, mehr als zwei Drittel weniger als 10.000 Einwohner*innen. Den meist sehr kleinen Verwaltungen sowie den ehrenamtlichen Bürgermeister*innen fehlen häufig die notwendigen Ressourcen, Zeit und Qualifikationen, um die komplexen Planungsprozesse fachlich tiefergehend zu bearbeiten, sich aktiv in die Öffentlichkeitsbeteiligung einzubringen und diese zu unterstützen. Dennoch schätzen Kommunen ihre Bedeutung für das Gelingen des Stromnetzausbaus als hoch ein. Über die Hälfte unterstützt die Öffentlichkeitsbeteiligung vor Ort. Ein knappes Drittel der Städte und Gemeinden steht dem Stromnetzausbau eher kritisch gegenüber.

Die Analyse zeigt, dass sich Städte und Gemeinden in erster Linie als Vertreterinnen lokaler Interessen verstehen und entsprechend handeln. Sofern es ihre Ressourcen und Qualifikationen zulassen und sie den Ausbauprozess transparent und fair erleben, agieren sie konstruktiv und dialogorientiert und unterstützen die Öffentlichkeitsbeteiligung. Städte und Gemeinden werden in dieser Rolle gestärkt, wenn die Vorhabenträger frühzeitig einen schlüssigen Prozess der Öffentlichkeitsbeteiligung vor Ort konzipieren und verankern.

Übertragungsnetzbetreiber und auch das Land sollten insbesondere kleinere Kommunen von Beginn der Planung an noch stärker in ein Netz der Kommunikation einbinden. Kommunen erkennen vor allem dann ihre Betroffenheit und unterstützen den Prozess, wenn ihnen von diesen Akteuren transparent und fortlaufend aufgezeigt wird, wie der Stand der Planung, der Grad ihrer Betroffenheit und die Möglichkeiten der Einflussnahme in den unterschiedlichen Phasen sind. Dabei muss auch die Verteilung unterschiedlicher Lasten zur Sprache kommen. Nur wenn Kommunen den Ausbauprozess als fair und nachvollziehbar erleben, erfährt dieser auch von mehrfachbetroffenen und damit vielfach belasteten Kommunen Unterstützung. Stromnetzausbau vor Ort gelingt nur als Gemeinschaftswerk.

Projektleitung
Stromnetzausbau vor Ort: Die Rolle von Kommunen als Dialogbrücken zwischen nationaler Planung und lokalem Protest
bis
Beteiligungsformate, Beteiligungsverfahren
Energie
Stadtentwicklung, Recht und Soziales
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)

Weitere Inhalte zum Thema