Umgang mit Sicherheit, Vielfalt und Nachbarschaftlichkeit in Kommunen
Städte sind durch eine besondere Vielfalt im Hinblick auf soziale Lagen, Lebensstile, Werthaltungen und Kulturen geprägt. Sie sind Orte, an denen sich Menschen auf engem Raum begegnen und dadurch zur Interaktion gezwungen sind. Diese gesellschaftliche Vielfalt stellt möglicherweise auch geltende Normen und Werte in Frage, so dass es zu Verunsicherungen und Konflikten kommen kann. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Ebene der Quartiere. In dieser "Begegnungszone" treffen verschiedene soziale Gruppen aufeinander, und sie interagieren miteinander. Hier werden Konflikte erfahren und ausgetragen und Fragen von Identität, Zugehörigkeit und Zusammenleben verhandelt.
Vor diesem Hintergrund ist es zunehmend wichtig, gesellschaftliche Diversität in die Planung von Sicherheitsstrategien einzubeziehen, um den verschiedenen Sicherheitsbedürfnissen der Bewohnerschaft gerecht zu werden. So können Konflikte und Verunsicherungen im öffentlichen Raum von Stadtquartieren minimiert und so kann auch vorbeugend gehandelt werden.
Die neue Veröffentlichung "Sicherheit und Vielfalt im Quartier: Herausforderungen für Kommunen und Beispiele aus der Praxis" erläutert die Phänomene von Vielfalt in den Städten. Sie setzt sich mit dem Trend hin zu einer super-diversen Gesellschaft als Chance und Herausforderung für Kommunen auseinander und befasst sich mit der Rolle von subjektiver und objektiver Sicherheit in diesem Kontext. Sicherheit wird dabei als ein Aspekt von Lebensqualität verstanden, neben anderen Aspekten, zu denen auch eine positive Umsetzung von Diversität gehört. "Lebensqualität" wird damit zum integrativen Konzept für Vielfalt und Sicherheit in der Kommune. Anhand von Praxisbeispielen aus deutschen Städten wird in dem Band die Spannbreite kommunalen Handelns im Umgang mit Vielfalt, Sicherheit und Nachbarschaftlichkeit illustriert.
Die Veröffentlichung entstand im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekts "DiverCity – Sicherheit und Vielfalt im Quartier". Gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Niedersachsen als Verbundkoordinator und dem Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen/ Bremen erarbeitet das Difu im Rahmen des Projekts diversitätsorientierte Sicherheitsstrategien. Diese sollen dazu dienen, ein sicheres Wohnumfeld und das nachbarschaftliche Miteinander in Stadtquartieren zu stärken, die sich durch eine besondere gesellschaftliche Vielfalt auszeichnen. Unter diversitätsorientierten Sicherheitsstrategien werden Vorgehensweisen verstanden, die die Unterschiedlichkeiten verschiedener gesellschaftlicher Gruppen anerkennen. Verschiedene Nutzungsansprüche, Raumanforderungen und Werthaltungen sowie Sicherheitswahrnehmungen und -bedürfnisse sollten dabei beachtet werden, ohne deren Legitimität zu hierarchisieren.
Wo in den Kommunen Konflikte auftreten, sollten nach Möglichkeit lokale Konflikt- und Problemkonstellationen berücksichtigt werden. So können Lösungen gemeinsam mit den beteiligten Gruppen erarbeitet und die Lebensqualität in den Quartieren erhalten und verbessert werden. Es geht also darum, Diversität als Ressource für die Schaffung und den Erhalt sicherer und lebendiger Städte und nicht als Bedrohung für die Sicherheit zu sehen – ohne die Herausforderungen zu negieren, die mit einer zunehmend diversen Stadtgesellschaft auch für die Sicherheit verbunden sind. Solche aushandlungsorientierten Problemlösungsprozesse stoßen allerdings spätestens dann an ihre Grenzen, wenn geltendes Recht oder unverhandelbare gesellschaftliche Grundwerte verletzt werden.