Die Straftat als Hinweis auf erzieherischen Bedarf? Pädagogik und Konsequenz im Umgang mit Kinderdelinquenz
Inhalt
"Aufgabe der Jugendhilfe ist es, bei Bedarf eine Unterstützungsfunktion für von Kinderdelinquenz betroffene Familien zu übernehmen, die es der Familie erlaubt, ihre Innen- und Außenbeziehungen zu verbessern und unter Einbeziehung ihrer eigenen Ziele und Ressourcen Kinderdelinquenz und damit zusammenhängende Probleme besser zu bewältigen. Dafür besitzt die Jugendhilfe mit den im Kinder- und Jugendhilfegesetz gegebenen Möglichkeiten unseres Erachtens auch ein im Prinzip ausreichend wirkungsvolles Instrumentarium, wie die Erfolge der Jugendhilfe in vielen Fällen zeigen."
(Dr. Hanna Permien; vgl. S. 65)
"Die Qualität und Abstimmung der grundlegenden Verfahrensweisen von Polizei und Jugendamt sollte künftig noch weiter verbessert werden. Das kann maßgeblich dazu beitragen, eine Gefährdung oder den erzieherischen Bedarf einzelner Kinder möglichst früh zu erkennen und entsprechend präventiv tätig zu werden. In Verbindung damit steht die Überlegung, dass späte oder zu späte Aktivitäten der Jugendhilfe eine Dynamik hin zu immer stärkerer Eingriffsintensität entfalten, die nicht nur (aber vor allem) die Kinder und Jugendlichen "teuer" zu stehen kommt."
(Dr. Gabriele Bindel-Kögel; vgl. S. 56)
Im Mittelpunkt der Tagung stand die Auseinandersetzung mit Kinderdelinquenz und in deren Verlauf ging es zum einen darum, wie die Jugendhilfe mit tatverdächtigen Kindern, die noch nicht strafmündig sind, pädagogisch umgeht, welche Regelangebote sie vorhält, ob und wie Elternarbeit funktioniert und was Schule tun kann. Zum anderen wurden Kooperationsaspekte insbesondere zwischen Jugendhilfe und Polizei diskutiert und welche Ressourcen und Potenziale es bei diesen Institutionen für eine effektive Zusammenarbeit sowie für die Entwicklung neuer und unkonventioneller Lösungswege gibt.
Vor allem ging es um eine sachliche Verständigung darüber, wie durch frühzeitiges und gezieltes Handeln aller beteiligten Stellen/Ämter ein ausreichendes Fallverständnis und passende Angebote schwierige Jugendhilfekarrieren von Kindern vermieden werden können und nicht am Ende das "Warten auf die Justiz" steht.
Die Dokumentation zu dieser Fachtagung richtet sich an Fachkräfte der öffentlichen und freien Jugendhilfe, der Polizei sowie an Lehrerinnen und Lehrer und Schulleiterinnen und Schulleiter.
Aus dem Inhalt
Vorwort:
Prof. Dr. Johannes Münder, Professor für Sozialrecht und Zivilrecht, Institut für Sozialpädagogik, Technische Universität Berlin und
Kerstin Landua, Leiterin der Arbeitsgruppe Fachtagungen Jugendhilfe, Verein für Kommunalwissenschaften e.V., Berlin
Fachreferat: Kinderdelinquenz zwischen Normalität und Gefährdung - Daten und Trends in Deutschland
Dr. Manfred Heßler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Sozialpädagogik, Technische Universität Berlin
Fachreferat: Kinderdelinquenz zwischen Polizei und Jugendamt: Zur Aufgabenwahrnehmung der Fachkräfte
Dr. Gabriele Bindel-Kögel, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Sozialpädagogik, Technische Universität Berlin
Fachreferat: Kinderdelinquenz - eine Herausforderung nicht nur für die betroffenen Familien
Dr. Hanna Permien, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Deutsches Jugendinstitut e.V., München
Fachreferat: Neue Herausforderungen an die elterliche Erziehungskompetenz
Dr. med. Wilhelm Rotthaus, Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Bergheim, 1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie
Ein Streitgespräch zum Umgang mit Kinderdelinquenz: Jugendhilfe - Polizei - Schule
Markus Schnapka, Vorsitzender des Beirates Jugendhilfe beim Verein für Kommunalwissenschaften e.V., Bonn, (Moderation)
Irma Klausch, Leiterin der Abteilung Erzieherische Hilfen und Krisenhilfen, Jugendamt der Stadt Nürnberg,
Kriminaldirektor Jörg-Michael Klös, Leiter des Referates Verbrechensbekämpfung der Polizeidirektion 6, Berlin, und
Marlies Aust, Leiterin der Allgemeinen Förderschule "Käthe Kollwitz, Frankfurt/Oder
Hoffnung auf Lösungsstrategien I: Ansatzpunkte für die Jugendhilfe - ein moderierter Erfahrungsaustausch zum Thema Polizeidienstvorschrift 382: "Jeder Fall muss weitergeleitet und geprüft werden."?
Dr. Gabriele Bindel-Kögel, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Sozialpädagogik, Technische Universität Berlin und
Dr. Manfred Heßler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Sozialpädagogik, Technische Universität Berlin
Hoffnung auf Lösungsstrategien II: Vorstellung von Kooperationsmodellen in sechs Arbeitsgruppen
- AG 1: Soziale Gruppenarbeit als ambulante Hilfeform für gefährdete strafunmündige Kinder
Brigitte Welz-Stadlbauer, Geschäftsführerin des Vereins DIE GRUPPE e.V., Hof - AG 2: Einzelfallbetreuung delinquenter Kinder über das Jugendkriminalitätspräventionsprogramm (JKPP) in Thüringen
Annegret Zacharias, Leiterin des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. (ISS) - Landesbüro Thüringen/Sachsen-Anhalt, Jena - AG 3: InvaS - Ein Interventionsprogramm für verhaltensauffällige Schüler in Mannheim
Roland Matzke, Polizeioberkommissar, Polizeipräsidium Mannheim - Kommunale Kriminalprävention, und
Kai Gärtner, Antiaggressivitätstrainer der Jugendgerichtshilfe, Jugendamt der Stadt Mannheim - AG 4: SoBIK - Die Sozialpädagogische Beratungs-, Interventions- und Koordinierungsstelle des Jugendamtes Leipzig
Karin Würden, Leiterin des Sachgebietes Jugendgerichtshilfe, Jugendamt der Stadt Leipzig - AG 5: Das Modellprojekt ESCAPE im sächsischen Vogtlandkreis - Präventive Hilfeangebote für Kinder mit abweichendem Verhalten
Astrid Kühnke, Sozialpädagogin, Diakonie Auerbach, und
Tobias Strieder, Erziehungswissenschaftler, Caritasverband Leipzig e.V. - AG 6: Das Nürnberger Modellprojekt Kooperation Polizei - Jugendhilfe - Sozialarbeit - Schule (PJS)
Grete Sentner, Beauftragte des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes Nürnberg für Kooperation mit Polizei und Schule, und
Yvonne Pötzinger, Polizeihauptmeisterin der Polizeidirektion Nürnberg, Beauftragte der Polizei für die sozialen Dienste und Schulen in Nürnberg
Hoffnung auf Lösungsstrategien III: Ein Streitgespräch zu Kinderdelinquenz und strafrechtlicher Verantwortung. Pro und Contra zur Strafmündigkeitsgrenze
Ministerialrat Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner, Leiter des Referates Kinder- und Jugendhilferecht, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin, (Moderation)
Prof. Dr. Joachim Kersten, Professor für Soziologie, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Polizeifachschule Villingen-Schwenningen,
Prof. Dr. Johannes Münder, Professor für Sozialrecht und Zivilrecht, Institut für Sozialpädagogik, Technische Universität Berlin,
Prof. Dr. Michael Walter, Professor am Lehrstuhl für Kriminologie und Strafrecht, Institut für Kriminologie der Universität Köln,
Carlo Weber, Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder)
Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe, Bd. 50, 2004, deutsch, 251 S., Deutsches Institut für Urbanistik 2004