Zukunft der Innenstädte
Viele Innenstädte leiden unter Leerständen, dem ungewissen Schicksal der Kaufhäuser, der Aufgabe von Traditionsgeschäften, geringeren Besucherzahlen etc. Die Anfänge dieser Entwicklungen liegen zumeist Jahre – wenn nicht Jahrzehnte – zurück, die Pandemie hat die Dynamik der Entwicklung jedoch verstärkt. Derzeit zielt eine Vielzahl von Förderprogrammen des Bundes und der Länder darauf ab, einerseits diese Entwicklungen in den Innenstädten abzufedern und andererseits die Erarbeitung von innovativen Konzepten und Handlungsstrategien zu befördern.
Breite Einigkeit herrscht darüber, dass die Innenstädte vielfältiger und multifunktionaler werden sollten. In dem Kontext geht es u.a. um neue Wohnangebote, Kunst-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Co-Working-Spaces, Begegnungsräume sowie urbane Manufakturen. Parallel zu den potenziellen Nutzungen werden Anforderungen an die Verbesserung der Aufenthalts- und Freiraumqualität formuliert. Die Krisenerfahrung allein erweist sich allerdings nicht als hinreichender Auslöser für Transformationsprozesse. Bremsend wirkt die Kombination aus mangelnden Ressourcen und kommunalen Einflussmöglichkeiten, Veränderungsmüdigkeit und der verführerischen Aussicht auf die Rückkehr zur „Post-Corona-Normalität“. Der Diskurs um eine zukunftsfähige Innenstadt wird aber nicht umhinkommen, Themen wie Urbanisierung und Wachstumsdruck, doppelte Innenentwicklung, Verkehrswende, Klimawandel, Regenwasserversickerung und vieles mehr systematisch auch für diesen besonderen Stadtraum zu interpretieren. Das Bild der Innenstädte wird sich verändern (müssen) und die Veränderungen werden im besten Fall von einem Dialog mit Stakeholdern und Bürger*innen begleitet und getragen.
Wie aber können in diesem Kontext Inspirationsquellen für alternative Wege der Innenstadtentwicklung erschlossen werden? In dem Forschungsprojekt wird von Difu und Fraunhofer ISI ein Werkstattprozess konzipiert und erprobt, der Kommunen auf diesem Weg unterstützen kann. Genutzt werden Methoden der strategischen Vorausschau (Foresight), die darauf abzielen, mögliche zukünftige Herausforderungen und Chancen zu antizipieren und mithilfe alternativer Szenarien und Visionen neue Handlungsoptionen zu schaffen. Zentral ist dabei die Identifizierung von Signalen – Beobachtungen, die Irritation auslösen und als Hinweis auf mögliche Veränderungen interpretiert werden können, – für mögliche Veränderungen und die Bewertung ihrer Relevanz aus spezifischer Sicht der Akteure im Handlungskontext der Innenstadtentwicklung. Ein besonderes Augenmerk gilt der Minderung von Wahrnehmungsfiltern und Vorurteilen im Zukunftsdenken (De-Biasing). Dies ist wichtig, da Routinen in Organisationen, aber auch in Denkstrukturen und Erfahrungen von Entscheidern die Bewertung von Beobachtungen prägen. Typische Mechanismen begünstigen dabei eine Fehlbeurteilung von Beobachtungen: die Suche nach Bestätigung für eigene Vermutungen sowie die Überschätzung der Vorhersagbarkeit. Ein idealtypischer Foresight-Prozess setzt damit darauf, die Annahmen über die Zukunft immer wieder zu hinterfragen und Komplexität und Unsicherheit angesichts alternativer möglicher Zukünfte anzuerkennen.
Das Werkstattverfahren wird im Projektverlauf in sieben Kommunen angewendet. Die Werkstätten starten im Mai 2023 und sollen im November 2024 abgeschlossen sein. Jedes einzelne Verfahren (inklusive Vor-und Nachbereitung) ist auf einen Zeitraum von zwei Monaten angelegt. Im Zentrum steht ein Vor-Ort-Workshop von zwei Tagen. Die Ergebnisse der sieben Werkstattverfahren werden im Rahmen eines Ergebnisdialogs im Januar 2025 vorgestellt.