Pressemitteilung

Flächen sparen, Verkehr reduzieren

Deutsches Institut für Urbanistik schlägt Veränderungen bei der Steuerung der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung vor

Berlin.  Die heute praktizierte Umwelt-, Wirtschafts- und Städtebaupolitik entscheidet darüber, ob morgen eine nachhaltige oder zukunftsfähige Entwicklung der Industriegesellschaft Realität wird. Derzeit sind jedoch drei bedeutende Trends zu beobachten, die einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung deutlich entgegenstehen:

  • die ständige Ausweitung der Siedlungsflächen (täglich werden rund 90 Hektar Landschaft in der Bundesrepublik als Bau- oder Verkehrsfläche verbraucht),
  • die Veränderung der Stadtstruktur durch Entmischung (die Städte werden monotoner und zurückzulegende Distanzen größer) sowie
  • das anhaltende Wachstum und die Dominanz des motorisierten Individualverkehrs (Laut Bundesverkehrswegeplan ist allein zwischen den Jahren 1988 und 2010 eine Steigerung des PKW-Verkehrs um 29% und des LKW-Verkehrs um 97% zu erwarten).

Es gibt verschiedene Ansätze, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken. Das Deutsche Institut für Urbanistik plädiert in seiner kürzlich erschienenen Studie vor allem für den Einsatz folgender drei Regelungsinstrumente zur Steuerung der zukünftigen Siedlungs- und Verkehrsentwicklung:

  • Die Flächennutzung sollte durch eine kombinierte Bodenwert- und Bodenflächensteuer gelenkt werden, die die Grundsteuer ablöst. Sie würde dem Ziel einer flächensparsamen, konzentrierten Siedlungsentwicklung und damit indirekt auch dem Ziel einer Dämpfung des Kfz-Verkehrs dienen.
  • Der Pkw- und Lkw-Verkehr sollte durch eine deutliche Erhöhung der Mineralölsteuer gelenkt werden. Diese Maßnahme würde dem Ziel einer Begrenzung oder Verringerung des Kfz-Verkehrs und damit indirekt auch dem Ziel konzentrierter Siedlungstätigkeit dienen.
  • Eine einheitliche Siedlungs- und Verkehrspolitik in Stadt und Umland sollte durch mehr Entscheidungskompetenzen auf regionaler Ebene gestärkt werden. Hierdurch könnten die Siedlungsentwicklung örtlich auf die "richtigen" Standorte gelenkt und eine Vermeidung von Pkw- und Lkw-Verkehr sowie die Verlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel und den nichtmotorisierten Verkehr erleichtert werden.

Eine wesentliche Ursache für die anhaltende Zunahme der Flächen- und Verkehrsansprüche sind die technisch-ökonomischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Veränderungen. Diese können nur bedingt durch Politik beeinflußt werden. Grundsätzlich reformierbar sind jedoch die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen und Steuerungsinstrumente, die teilweise einer langfristig ökologisch verträglichen Entwicklung nicht förderlich sind und ihr entgegenwirken.

Solche Rahmenbedingungen oder Steuerungsinstrumente in ihrer heutigen Wirkungsweise zu überprüfen und hierzu Reformvorschläge zu entwickeln, war Aufgabe einer Untersuchung, die im Auftrag des Ministeriums für Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde und deren Ergebnisse mit der vorliegenden Veröffentlichung zur Diskussion gestellt werden.

Zahlreiche planungs-, ordnungs- und steuerrechtliche Bestimmungen sollten verändert werden, damit die politischen Zielsetzungen wie sparsamer Umgang mit Grund und Boden, Schonung von Natur und Kulturlandschaft, Verringerung des Energieumsatzes, Reduzierung der Abgas- und Lärmemissionen des Verkehrs erreicht werden können. Reformbedürftig sind vor allem die Wohnungsbauförderung, die Wirtschaftsförderung und regionale Strukturpolitik, die Regionalplanung, die Grundsteuer, die Landesbauordnungen mit der Stellplatznachweispflicht, die Verkehrsfinanzierung, der Bundesverkehrswegeplan, steuerrechtliche Abschreibungsmöglichkeiten bei privaten und betrieblichen Pkw. Beispielsweise könnten Wohnungsbau- und Wirtschaftsförderung beschränkt werden auf flächen- und energiesparsame Vorhaben und auf solche Standorte, die von der Regionalplanung als Siedlungsschwerpunkte ausgewiesen sind.

Die vorgeschlagenen neuen fiskalischen Lenkungsinstrumente würden zu deutlich höheren Einnahmen aus diesen Steuern führen. Da es jedoch nicht Ziel einer ökologisch orientierten Reform sein sollte, die Staatsquote zu erhöhen, wäre ein Ausgleich durch Reduzierung anderer Steuern und Abgaben - etwa der Lohnsteuern und der Lohnnebenkosten - sicherzustellen. Auch Einzelheiten einer sozialverträglichen Ausgestaltung der Maßnahmen sind noch zu formulieren. Die Untersuchung verdeutlicht, wie komplex die Fragestellungen allein im Hinblick auf die Ziele Flächen sparen und Verkehr reduzieren schon sind, ohne daß Auswirkungen auf andere Bereiche, wie etwa Arbeitsplätze oder die internationale Wettbewerbsfähigkeit, mit erfaßt werden konnten. Gleichwohl können die Ergebnisse der Untersuchung als ein Beitrag zur Sicherung von Stadt und Natur in einem traditionell europäischen Stadtverständnis gesehen werden. Insofern ist die Studie auch als ein Beitrag zu einer Weiterentwicklung urbaner Stadtvorstellungen zu verstehen. Sicher sind - vor allem vor dem Hintergrund weltweiter Trends und der Zunahme des globalen Wettbewerbs - die Steuerungsmöglichkeiten eingeschränkt. Zugleich macht die Arbeit deutlich, daß hier große Potentiale vorhanden sind, deren Ausschöpfung nötig und auch möglich ist, wenn man sie nutzen will und zu nutzen versteht.

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