Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften (DfK),

Wandel kommunaler Entscheidungsprozesse

Heftverantwortlicher: Jörg Bogumil

Alternatives Cover der Publikation
Jörg Bogumil

Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften (DfK), Bd. 2, 2006, deutsch, 136 S., Deutsches Institut für Urbanistik 2006

ISBN: 978-3-88118-423-6
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Inhalt

Im Brennpunkt

  • Jörg Bogumil

    Verwaltungsmodernisierung und die Logik der Politik. Auswirkungen des Neuen Steuerungsmodells auf das Verhältnis von Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung
  • Detlef Sack

    Liberalisierung und Privatisierungen in den Kommunen - Steuerungsanforderungen und Folgen für Entscheidungsprozesse
  • Oscar W. Gabriel und Melanie Walter-Rogg

    Bürgerbegehren und Bürgerentscheide - Folgen für den kommunalpolitischen Entscheidungsprozess
  • Gerhard Banner

    Führung und Leistung der Kommune
  • Lars Holtkamp

    Kommunalpolitik zwischen Konkordanz- und Konkurrenzdemokratie - Ausmaß, Ursachen und Probleme des Parteieneinflusses
  • Sabine Kuhlmann

    Kommunen zwischen Staat und Markt: Lokalmodelle und -reformen im internationalen Vergleich

Im Blickfeld

  • Thomas Döring

    Verstetigung des Kommunalen Finanzausgleichs durch Einrichtung eines Stabilisierungsfonds. Eine finanzwissenschaftliche Bewertung des rheinland-pfälzischen Modells
  • Heinrich Mäding

    Städte und Regionen im Wettbewerb - ein Problemaufriss

Jörg Bogumil: Verwaltungsmodernisierung und die Logik der Politik. Auswirkungen des Neuen Steuerungsmodells auf das Verhältnis von Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung

Zusammenfassung: In dem Beitrag wird auf der Grundlage von Daten eines aktuellen Forschungsprojektes überprüft, inwieweit Verwaltungsmodernisierung durch das Neue Steuerungsmodell (NSM) zu einer Umgestaltung des Verhältnisses von Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung geführt hat. Es zeigt sich, dass dies der Modernisierungsbereich mit den geringsten Veränderungen ist und dass sich die politische Steuerungsfähigkeit in der Summe nicht verbessert hat - ganz im Gegenteil: Es ist eher von kommunalen Steuerungsverlusten auszugehen. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung liegt in konzeptionellen Fehleinschätzungen politischer Handlungslogiken durch die Promotoren des NSM.

Detlef Sack: Liberalisierung und Privatisierungen in den Kommunen - Steuerungsanforderungen und Folgen für Entscheidungsprozesse

Zusammenfassung: Die europäische und nationalstaatliche Liberalisierung wie auch unterschiedliche Formen der Privatisierung haben die öffentliche Leistungserbringung in deutschen Städten und Gemeinden erheblich verändert. In den 1990er-Jahren entstand ein stark wettbewerbsorientierter "Konzern Stadt"; vor dem Hintergrund der kommunalen Finanzkrise wurden Ausgliederungen und Privatisierungen vorangetrieben. Um ihre Gewährleistungsfunktion aufrechtzuerhalten, sind die Städte und Gemeinden jetzt mit erheblichen Steuerungsanforderungen konfrontiert. Zieldefinition und Aufgabenspezifikation, Vertragsverhandlungen und -gestaltungen werden ebenso wie die Koordination und Kontrolle der Leistungserbringung komplexer und komplizierter. Aufgrund des neuen Anforderungsprofils und der erheblichen Unübersichtlichkeit im "Konzern Stadt" wirken sich Liberalisierung und Privatisierung auch auf das kommunale Machtgefüge aus. Insbesondere der Rat verliert - nicht zuletzt auch im Verbund mit der Reform der Gemeindeordnungen - an Einfluss. Jedoch wird im Zuge von Liberalisierung und Privatisierungen auch die Rolle des Bürgermeisters dort eingeschränkt, wo der "Konzern Stadt" mit oligopolen Marktstrukturen konfrontiert ist.

Oscar W. Gabriel und Melanie Walter-Rogg: Bürgerbegehren und Bürgerentscheide - Folgen für den kommunalpolitischen Entscheidungsprozess

Zusammenfassung: Seit der Wiedervereinigung Deutschlands sind die Einrichtungen des Bürgerbegehrens und des Bürgerentscheids in der Inneren Gemeindeverfassung aller Flächenstaaten verankert. Eine breitere bürgerschaftliche Mitwirkung sollte die Leistungsfähigkeit, Responsivität, Flexibilität und Innovationsfähigkeit des lokalen politischen Systems steigern. Zugleich war damit die Erwartung verbunden, die Distanz zwischen der Bürgerschaft und den lokalen Entscheidungsträgern könne abgebaut werden. Die in den letzten 15 Jahren gesammelten Erfahrungen mit der Nutzung von Bürgerbegehren und -entscheiden erwecken den Anschein, dass die Kontroverse über die Vereinbarkeit direktdemokratischer Verfahren mit den Funktionsprinzipien einer repräsentativen Demokratie "Viel Lärm um nichts" gewesen sei. Bürgerbegehren und -entscheide führen in der Praxis ein Schattendasein und können allein auf Grund ihrer geringen Verbreitung keine nachhaltigen politischen Wirkungen entfalten. Allerdings findet die Vermutung, die partizipative Öffnung der Inneren Gemeindeverfassungen habe eher indirekte als direkte Effekte, einen gewissen Rückhalt in Umfragedaten. Eine zahlenmäßig nicht zu vernachlässigende Minderheit der Bevölkerung ist dazu bereit, zur Durchsetzung ihrer Forderungen auf direkte, nicht über Parteien und Verbände vermittelte Formen der Einflussnahme zu setzen. Wenn nur ein Teil dieser Bürgerinnen und Bürger aus gegebenem Anlass von den bestehenden Möglichkeiten Gebrauch macht, dann werden die bisher subtil gebliebenen Veränderungen des kommunalpolitischen Lebens eintreten.

Gerhard Banner: Führung und Leistung der Kommune

Zusammenfassung: Der Autor geht einer klassischen politikwissenschaftlichen Fragestellung nach: dem plausiblen, aber nicht leicht zu isolierenden Einfluss institutioneller Arrangements auf den policy output von Organisationen. Untersucht wird der Einfluss der stark unterschiedlichen Kommunalverfassungen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg auf die Fähigkeit der Kommunen dieser Länder, ihre Haushalte auszugleichen. Im konkordanzdemokratischen Kommunalregime Baden-Württembergs gelingt dies den Kommunen deutlich besser als im konkurrenzdemokratischen Regime Nordrhein-Westfalens. Institutionen und, im Fall Nordrhein-Westfalens, Pfadabhängigkeit beeinflussen auch die für erfolgreiche Haushaltssteuerung wichtige Managementqualität der Bürgermeister. Der Beitrag endet mit dem Appell, die Kommunalverfassung Nordrhein-Westfalens dem baden-württembergischen Modell anzunähern, und empfiehlt die Einführung transparenter interkommunaler Leistungsvergleiche nach englischem Beispiel.

Lars Holtkamp: Kommunalpolitik zwischen Konkordanz- und Konkurrenzdemokratie - Ausmaß, Ursachen und Probleme des Parteieneinflusses

Zusammenfassung: In der Lokale-Politik-Forschung wird seit Jahren die These vertreten, dass eine stetig wachsende Parteipolitisierung auf kommunaler Ebene zu verzeichnen ist, was normativ auch durchaus positiv zu bewerten sei. In diesem Beitrag wird demgegenüber gezeigt, dass in den Kommunen unterschiedlicher Bundesländer der Parteieneinfluss erheblich variiert. Baden-württembergische Kommunen entsprechen eher dem Extremtyp der kommunalen Konkordanzdemokratie, der vor allem von einem niedrigen Grad der Parteipolitisierung in der Nominierungs-, Wahlkampf-, Wahl- und Regierungsphase bei gleichzeitig starken Bürgermeistern geprägt ist, während sich die kommunale Konkurrenzdemokratie in NRW durch eine starke Parteipolitisierung bei einem weniger einflussreichen Bürgermeister auszeic hnet . Abschließend wird verdeutlicht, dass die kommunale Konkurrenzdemokratie - also gerade ein hoher Grad der Parteipolitisierung - aufgrund gravierender Veränderungen in den 1990er-Jahren zu normativ höchst problematischen Ergebnissen führt.

Sabine Kuhlmann: Kommunen zwischen Staat und Markt: Lokalmodelle und -reformen im internationalen Vergleich

Zusammenfassung: In dem Beitrag werden die Kommunalsysteme von Frankreich, Großbritannien (England) und Deutschland vergleichend analysiert. Ausgehend von der "traditionellen" Ausgestaltung der drei Lokalsysteme, werden die Reformschübe und -effekte seit den 1980er-Jahren in zwei wesentlichen Bereichen betrachtet. Zum einen geht es um die funktionalen Veränderungen im Verhältnis zwischen (Zentral-)Staat und Kommunen. Zum anderen wird die Neujustierung des Verhältnisses zwischen Kommunen und Markt- bzw. drittem Sektor untersucht, was die Frage nach dem Übergang von local government zu local governance aufwirft. Der Ländervergleich offenbart einerseits eine Konvergenz kommunaler Institutionenentwicklung insoweit, als es einen übergreifenden Trend hin zu einem sektoral ausdifferenzierten, fragmentierten lokalen Institutionenmodell gibt, welches durch einen Rückzug der Kommune als Entscheidungszentrum gekennzeichnet ist. Andererseits werden markante Länder-Unterschiede sichtbar: Entweder verliert der (Zentral-)Staat an lokaler Wirksamkeit (Frankreich) oder er gewinnt (Großbritannien), oder er erzeugt Inkompatibilitäten zwischen Aufgabentransfers und Ressourcenverknappung (Deutschland).

Thomas Döring: Verstetigung des Kommunalen Finanzausgleichs durch Einrichtung eines Stabilisierungsfonds. Eine finanzwissenschaftliche Bewertung des rheinland-pfälzischen Modells

Zusammenfassung: Der Zustand der kommunalen Finanzen in Deutschland ist nach wie vor besorgniserregend. Bislang haben alle politischen Bemühungen auf Bundesebene für eine grundlegende Reform der Kommunalfinanzen zu keinen zufrieden stellenden Ergebnissen geführt. Damit gewinnen verstärkt Reforminitiativen auf der Ebene der Bundesländer eine besondere Aufmerksamkeit in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion. Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Beitrag unter Bezug auf finanzwissenschaftliche Kriterien einer ökonomisch zweckmäßigen Gestaltung der kommunalen Einnahmen das rheinland-pfälzische Modell des Stabilisierungsfonds als innovativer Beitrag zur Verstetigung des Kommunalen Finanzausgleichs näher untersucht. Unter besonderer Berücksichtigung von allokativen, konjunkturellen und wachstumsbezogenen Aspekten kann gezeigt werden, dass der neu eingerichtete Stabilisierungsfonds grundsätzlich positiv zu bewerten ist.

Heinrich Mäding: Städte und Regionen im Wettbewerb - ein Problemaufriss

Zusammenfassung: Die Wirtschaftswissenschaften haben seit langem die (positiven) Wirkungen des Wettbewerbs zwischen Unternehmen auf Märk­ten analysiert und - später - auf den Wettbewerb politischer Parteien übertragen. Im Zuge der Verwaltungsmodernisierung werden erhebliche Erwartungen an den Wettbewerb formuliert. Der Beitrag skizziert (zwölf) verschiedene Formen von Wettbewerb und verknüpft sie zu einem umfassenden Bild vom territorialen Wettbewerb der Städte und Regionen. Einerseits ist dieser "Schicksal": Städte stehen im Wettbewerb um Unternehmen, Einwohner, Touristen. Andererseits ist er mögliche "Strategie": Städte stellen sich in den Wettbewerb mit anderen Städten (durch Leistungsvergleiche; um Preise) zur Leistungs- und Imageverbesserung. Der Wettbewerb mit privaten Unternehmen nimmt eine Zwischenstellung ein, doch ist er es nicht allein, der Effizienz-, Effektivitäts- und Innovationseffekte fördert.

Die Autorinnen und Autoren dieses Hefts

Prof. Gerhard Banner, 1968-1976 Beigeordneter der Stadt Duisburg, danach bis 1995 Vorstand der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt); 1990 Anstoß zur Verwaltungsreformbewegung "Neues Steuerungsmodell"; seit 2000 Universität Potsdam, post­grad. "Master of Public Management"-Programm; Mitglied der Geschäftsführung des Beratungsunternehmens Governance International, E-Mail: mail [at] gerhard-banner [dot] de (mail[at]gerhard-banner[dot]de)

Prof. Dr. Jörg Bogumil, Lehrstuhl Vergleichende Stadt- und Regionalpolitik, Fakultät für Sozialwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum, E-Mail: joerg [dot] bogumil [at] ruhr-uni-bochum [dot] de (joerg[dot]bogumil[at]ruhr-uni-bochum[dot]de)

Dr. rer. pol. habil. Thomas Döring, Professur für Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt öffentliche Finanzwirtschaft, Fachbereich Wirtschaft/Public Management, Fachhochschule Technikum Kärnten, Villach, E-Mail: t [dot] doering [at] fh-kaernten [dot] at (t[dot]doering[at]fh-kaernten[dot]at)

Prof. Dr. Oscar W. Gabriel, Institut für Sozialwissenschaften, Lehrstuhl Politische Systeme und Politische Soziologie, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Stuttgart, E-Mail: oscar [dot] gabriel [at] sowi [dot] uni-stuttgart [dot] de (oscar[dot]gabriel[at]sowi[dot]uni-stuttgart[dot]de)

Prof. Dr. Heinrich Mäding, 1979-1992 Professur für Kommunale und Regionale Entwicklungspolitik und Infrastrukturplanung, Fakultät für Verwaltungswissenschaft, Universität Konstanz; 1992-2006 Leiter des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu), Berlin; 1999/2000 und 2005/2006 Vizepräsident der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL), E-Mail: h [dot] maeding [at] berlin [dot] de (h[dot]maeding[at]berlin[dot]de)

Dr. Lars Holtkamp, Wissenschaftlicher Angestellter am Lehrstuhl "Politische Regulierung und Steuerung", FernUniversität Hagen, E-Mail: lars [dot] holtkamp [at] fernuni-hagen [dot] de (lars[dot]holtkamp[at]fernuni-hagen[dot]de)

Dr. Sabine Kuhlmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl "Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland", Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Universität Potsdam, E- Mail: skuhlman [at] uni-potsdam [dot] de (skuhlman[at]uni-potsdam[dot]de)

Dr. Detlef Sack, Fachgebiet Politische Theorie und Politikwissenschaftliche Methoden, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Universität Kassel, E-Mail: desack [at] uni-kassel [dot] de (desack[at]uni-kassel[dot]de)

Dr. Melanie Walter-Rogg, Institut für Sozialwissenschaften, Abteilung Politische Systeme und Politische Soziologie, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Stuttgart, E-Mail: melanie [dot] walter-rogg [at] sowi [dot] uni-stuttgart [dot] de (melanie[dot]walter-rogg[at]sowi[dot]uni-stuttgart[dot]de)

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