Rechtzeitiges Erkennen von Fehlentwicklungen im frühen Kindesalter und das angemessene Reagieren von Jugendhilfe und Medizin unter besonderer Berücksichtigung von Datenschutz und Schweigepflicht
Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe, Bd. 26, 2000, deutsch, 125 S., Deutsches Institut für Urbanistik 2000
Veranstaltung
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Inhalt
"Kinder, die sterben, weil Eltern sich nicht ausreichend um ihre elementaren Bedürfnisse der Ernährung und Pflege kümmern, und Kindestod durch äußere Gewaltanwendung rufen heute mehr denn je Betroffenheit und Wut auf die realen oder vermuteten Täterinnen und Täter hervor. Jede Kindesvernachlässigung oder Kindesmisshandlung mit Todesfolge führt nicht nur zu einem intensiven Medienspektakel, sondern auch zu krisenhaften Arbeitssituationen in den Sozialen Diensten.
Viele Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter betreuen Familien, in denen immer wieder krisenhafte Alltagssituationen Risiken für das Wohl der Kinder bedeuten und durch die sozialpädagogische Beratung, Hilfe und zum Teil auch Kontrolle soweit wie möglich lebensbedrohende Situationen ausgeschlossen werden müssen. (...)
Die Kooperation mit der Jugendhilfe ist besonders dann notwendig, wenn Erziehungshilfen die medizinischen Hilfen ergänzen müssen. Insofern ist die Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Medizin zwar kein neues Thema, aber eines, das seine neue Aktualität gewonnen hat angesichts geringer gewordener Ressourcen."
(siehe Beitrag von Dr. Inge Cobus-Schwertner, S. 41ff.)
Viele Familien empfinden es als belastend, wenn "Professionelle alles wissen", z.B. durch interdisziplinäre Runde Tische mit Schweigepflichtentbindung. Andererseits belastet jedoch die Schweigepflicht der Mediziner oft den Informationsfluss in Richtung Jugendamt und verhindert damit, rechtzeitig gemeinsam mit der betroffenen Familie effektive Hilfeformen entwickeln zu können.
Ein Anliegen des Workshops war es, darüber zu diskutieren, wie erfolgreiche Wege der Ansprache problembelasteter Familien und ihrer Kinder aussehen können, ohne dass Datenschutz und Schweigepflicht dies verhindern, und inwieweit und auf welche Art bei der Planung von Hilfen Ressourcen der Eltern erkundet und mit eingeplant werden, ob dies bereits oft genug getan wird und wie es erfolgreich gelingen kann.
Die Dokumentation enthält den gegenwärtigen Stand der Diskussion in der Praxis und zeigt Möglichkeiten für eine zielgerichtete Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Medizin unter Berücksichtigung von Datenschutz und Schweigepflicht auf. Sie richtet sich an Kinder- und Jugendärzte, Psychologinnen und Psychologen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen und freien Jugendhilfe, insbesondere des ASD.
Aus dem Inhalt
Einführung in das Tagungsthema
Charlotte Köttgen, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Leiterin des jugendpsychiatrisch-psychologischen Dienstes im Amt für Jugend, Hamburg
Fachreferate
- Rechtzeitiges Erkennen von Fehlentwicklungen im frühen Kindesalter aus medizinischer/klinischer Sicht
Dr. Wilfried Kratzsch, Oberarzt des Kinderneurologischen Zentrums, Kliniken der Landeshauptstadt Düsseldorf - Rechtzeitiges Erkennen von Fehlentwicklungen im frühen Kindesalter aus Sicht des Jugendamtes
Uta von Pirani, Leiterin des Jugendamtes Berlin-Charlottenburg - Fehlentwicklungen im frühen Kindesalter als normative Kategorie - angemessenes Reagieren unter dem Blickwinkel von Rechtzeitigkeit und Ressourcenorientierung
Dr. Inge Cobus-Schwertner, Leiterin der Abteilung "Junge Menschen" im Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes Bremen - Verpasste Chancen? Datenschutz und Schweigepflicht als Verhinderungsgrund für frühe Hilfen?
Thomas Mörseberger, Leiter des Landesjugendamtes Baden, Karlsruhe - Zum Umgang mit Datenschutz und Schweigepflicht aus juristischer Perspektive
Dagmar Freudenberg, Staatsanwältin, Leiterin eines Sonderdezernates "Sexuelle Gewalt" der Staatsanwaltschaft Göttingen - Profilschärfung durch Abgrenzung - Chancen für eine interprofessionelle Zusammenarbeit?
Renate Blum-Maurice, Fachleiterin des Kinderschutz-Zentrums des Deutschen Kinderschutzbundes Köln - Kindeswohlgefährdung im Säuglingsalter: Was behindert die interdisziplinäre Zusammenarbeit und wie kann sie verbessert werden?
Runheide Schultz, Freiberufliche Dozentin und Leiterin der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft "Kindeswohl-Kindeswohlgefährdung", Hannover - Positionen und Empfehlungen aus den Arbeitsgruppen Ist die gemeinsame Hilfekonferenz eine Illusion? Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Medizin über die Hilfeplanung im Einzelfall hinaus
Wolfgang Ruthemeier, Abschnittsleiter Sozialer Dienst des Fachbereiches für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück,
Dr. Wilfried Kratzsch, Oberarzt des Kinderneurologischen Zentrums, Kliniken der Landeshauptstadt Düsseldorf - Jugendhilfe setzt Ärzte zur Diagnostik ein - Ärzte setzen Jugendhilfe ein, damit "etwas" geschieht
Dr. Charlotte Gersbacher, stv. Leiterin des Jugendamtes Magdeburg,
Dr. Annelie Newill, Kinder- und Jugendärztin im Gesundheitsamt Düsseldorf - Grenzüberschreitendes Handeln - Umgang mit Datenschutz und Schweigepflicht bei Hilfeverweigerung
Detlef Kemna, Leiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes Frankfurt/Oder,
Dagmar Freudenberg, Staatsanwältin, Leiterin eines Sonderdezernates "Sexuelle Gewalt" der Staatsanwaltschaft Göttingen - Möglichkeiten und Grenzen medizinischen und sozialarbeiterischen Handelns
Irene Johns, Fachleiterin des Kinderschutz-Zentrums des Deutschen Kinderschutzbundes Kiel,
Runheide Schultz, Freiberufliche Dozentin und Leiterin der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft "Kindeswohl-Kindeswohlgefährdung", Hannover