Wie gewinnen Jugendämter die dringend benötigten Fachkräfte?

Fachkräftegewinnung im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) im Jugendamt: Was muss sich ändern, damit die dringend benötigten  sozialpädagogische Fachkräfte gewonnen werden und auch bleiben?

Im Oktober 2018 diskutierten über 100 sozialpädagogische Fach- und Führungskräfte Fragen der fachlichen, organisatorischen und personellen Entwicklung der Allgemeinen Sozialen Dienste in Deutschland. Der Austausch fand im Rahmen der 2. Plattform für öffentlichen Erfahrungsaustausch des Dialogforums "Bund trifft kommunale Praxis" in Berlin statt und wurde in Kooperation vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) und der Bundesarbeitsgemeinschaft ASD/KSD durchgeführt.

In Kurzvorträgen gingen Thomas Mühlmann, Universität Dortmund, Prof. Dr. Joachim Merchel, Fachhochschule Münster und Thora Ehlting, Hochschule Koblenz folgenden Fragen nach: Sind in der Sozialarbeit Tätige noch zentrale Ansprechpersonen für Familien? Wie haben sich die Personal- und Fallzahlen in den letzten zehn Jahren entwickelt? Reicht die bundesweite Personalausweitung, um steigende Fallzahlen zu bewältigen? Welche Strukturentwicklungen von Jugendämtern gibt es? Wie erleben in der Sozialarbeit Tätige ihren beruflichen Alltag?

Benjamin Landes, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V., Frankfurt/Main, benannte in seinem Vortrag Ursachen dafür, warum Fachkräftegewinnung und -bindung im ASD so schwierig ist, womit sich auch das anschließende Plenum befasste. Die größte Motivation besteht darin, eine gesellschaftlich relevante, abwechslungsreiche Tätigkeit in einem guten Team zu verrichten, selbst Verantwortung zu übernehmen und mitgestalten zu können. Als Belastungsfaktoren wurden hohe Fluktuation in Teams, nicht besetzte Stellen, noch mangelnde Berufserfahrung und notwendige Einarbeitungszeiten sowie befristete Verträge identifiziert. Im ASD Tätige sind mit schwierigen Lebenssituationen von Familien konfrontiert, müssen wichtige Entscheidungen treffen und haben damit eine hohe Verantwortung, bei zugleich zu geringer Besetzung und hohen Fallzahlen. Hinzu kommen fehlende zeitnahe Unterstützung und Begleitung nach schwierigen Einzelfällen sowie strukturelle und verwaltungsinterne Probleme. Die meisten dieser Faktoren lassen sich im Umkehrschluss auch als Herausforderungen definieren. Thematisiert wurden u.a. eine bessere Bezahlung mit Entgeltstufe 10, eine Fallzahlhöhenbegrenzung sowie eine höhere Wertschätzung dieser gesamtgesellschaftlich relevanten Arbeit.

In Arbeitsgruppen wurde anhand praktischer Beispiele diskutiert, wie Fachkräfte gewonnen, gebunden und motiviert werden können:

  • Hamburger "Kombipaket" – Voraussetzungen für personelle Stabilität im ASD
  • Traineeprogramm für Berufseinsteigende in Stadt und Landkreis Rosenheim
  • duale Ausbildung im Bereich Sozialarbeit zur Fachkräftegewinnung/-bindung in Hamburg
  • Praxisbeispiele und Ideen zur Fachkräftegewinnung und -bindung im Jugendamt Oldenburg
  • Personalgewinnung, Einarbeitung und Personalbindung für die Bezirkssozialarbeit in München
  • Erfolgsmodell Arbeitsagentur + Jugendamt in Berlin: Übertragbarkeit, Gelingensfaktoren, Fallstricke.

Die angeregte Abschlussdiskussion der Veranstaltung zeigte, dass das hierfür gewählte Thema "(Keine) Zukunftsmusik?! Gesellschaftliche Anforderungen an einen Sozialen Dienst, auch unter Inklusionsbedingungen" eine eigene Tagung wert ist.

Kontakt