Stadt und Katastrophe
Informationen zur modernen Stadtgeschichte (IMS), Bd. 1, 2003, 108 S., Deutsches Institut für Urbanistik 2003
Kostenfreier Download
Inhalt
Der verantwortliche Herausgeber dieses Heftes Dieter Schott ist Professor am Department für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Leicester in Großbritannien.
Schott geht in seinem Leitartikel von der vor allem in den letzten Jahren rasant gewachsenen Brisanz des Themas aus und fokussiert seine Ausführungen auf die Rolle von Naturkatastrophen in der Stadtgeschichte. Er hebt die radikale Infragestellung und Herausforderung des "Städtischen" durch Erdbeben, Überschwemmungen und weitere Extremereignisse hervor, deren jeweils spezifische Dynamik er typologisiert und damit differenziert. In einer Auflistung zentraler Dimensionen des Themas von der Katastrophenerfahrung bis zur Vorbeugung und zum Wiederaufbau beleuchtet er die derzeit die Forschung vorrangig leitenden Fragestellungen. Abschließend werden in drei Thesen die Weichen stellende Funktion historischer Katastrophen, die damit verbundene Frage nach dem Verhältnis von Struktur- und Ereignisgeschichte und die umwelthistorische Sicht als drei wesentliche Herausforderungen an die Forschung hervorgehoben.
In weiteren Beiträgen zum Themenschwerpunkt berichtet Andreas Ranft aus Halle über die Epochen übergreifende Perspektive, die die Sektion "Städte aus Trümmern" auf dem letzten Historikertag eröffnete. Thomas Kübler aus Dresden stellt die große Flutkatastrophe, die 2002 die sächsische Landeshauptstadt traf, in die Reihe früherer schwerer Überschwemmungen. Einen Überblick über die Forschungen zu Naturkatastrophen in den USA bietet Christoph Strupp aus Washington, während Christian Groh aus Pforzheim die "inszenierte Erinnerung" an den Tornado analysiert, der 1968 die süddeutsche Stadt Pforzheim traf. Ein Ausstellungsbericht über das große Feuer von 1842 in Hamburg von Claudia Horbas aus Hamburg beschließt den Themenschwerpunkt. Im "Forschungsbericht" des Heftes bietet der Herausgeber Dieter Schott einen breiten Überblick über die internationale Forschung zum Thema. Er hebt neuere Arbeiten zur Kulturgeschichte der Katastrophenerfahrungen in Städten hervor, deren Erforschung in letzter Zeit einen starken Aufschwung genommen und sich dabei auch interdisziplinär ausdifferenziert hat. Hier wird vor allem die Bedeutung der Feuersbrünste, als einer der Grenzfälle zwischen "Natur-" und "Kulturkatastrophen", für die europäische Stadtgeschichte deutlich. Einen weiteren Akzent setzt der Forschungsbericht in den Fragen der Katastrophenverarbeitung und Katastrophenabwehr.
Neben dem Themenschwerpunkt präsentiert das IMS-Heft weitere Beiträge über derzeit laufende Forschungsprojekte und abgehaltene Tagungen. Gerd Kuhn aus Stuttgart berichtet über die Tagung "Kleinstädte in der Moderne", Norbert Lanfer über die internationale Konferenz des Graduiertenkollegs Stadtökologie an der Humboldt-Universität zu Berlin "Natur und Umwelt in großen Städte", und Thomas Wolfes aus Erkner über das 8. Werkstattgespräch zur Planungsgeschichte der DDR. Einen Museumsbericht über das neue Museum urbaner Zivilisation "Urbis" in Manchester hat Bill Luckin aus Manchester beigesteuert, und der Direktor der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg, Axel Schildt, stellt das stadtgeschichtliche Profil seines Instituts vor. Ein Bericht von Andreas R. Hofmann aus Leipzig über ein vergleichendes Projekt zur Geschichte von Lodz und Brünn zwischen 1900 und 1930 sowie zwei weitere Tagungsberichte von Jochen Guckes über "Die deutsche Stadt des 20. Jahrhunderts" und von Marc Schalenberg, beide kommen aus Berlin, über "Zeichen, Raum und Zeremoniell an den deutschen Höfen der Frühen Neuzeit" runden den Block ab.
Neben den thematischen Beiträgen finden sich im neuen Heft wie stets eine Vielzahl von Informationen aus der modernen Stadtgeschichtsforschung: unter anderem Tagungsankündigungen, Personalia sowie die regelmäßig zusammengestellte umfangreiche Auswahlbibliographie neu erschienener Literatur.