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Veranstaltungsbericht

Wissen in der Stadt – Chancen, Grenzen, Perspektiven

Welche Rolle spielen Forschungseinrichtungen für die Stadt(-Gesellschaft)? Sind auch sie aktive Partner und Gestalter lokaler Entwicklungen oder führen sie eine Koexistenz? Dieses Mit- und Nebeneinander stand im Fokus eines Difu-Seminars.

Die Zahl der Hochschulen und ihrer Studiengänge hat laut CHE – gemeinnütziges Centrum für Hochschulentwicklung – stark zugenommen: So ist die Anzahl der Standorte durch Neugründungen von Hochschulen und die Einrichtung von Substandorten bestehender Hochschulen von 1990 bis 2017 von 232 auf 619 angewachsen, was einer Steigerung um 167 Prozent entspricht. Aber was begründet diese Dynamik und welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen?

Hochschulen sind Mehrwert und Standortvorteil für eine Kommune. Als – renommierter – Hochschulstandort gewinnt eine Stadt an Attraktivität und hat eine jüngere Bevölkerung. Es reicht jedoch nicht, eine Stadt mit Hochschule zu sein. Ziel der Stadtpolitik muss es sein, eine wirkliche „Hochschulstadt“ zu werden. Dies gelingt nur, wenn die relevanten Akteure an einem Strang ziehen. Auch wenn diese Zusammenarbeit in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, so ist der Weg zu einem Miteinander oft holprig und braucht Zeit. Zudem gelingt er nur, wenn sich beide Seiten – Hochschule(n) und Kommunen – einigen und geteilte Verantwortungen übernehmen.

In einem Difu-Seminar wurde daher diskutiert, welche Chancen und Perspektiven sich durch ein konstruktives Miteinander zwischen Hochschule und Stadt(-entwicklung) ergeben, aber auch mit welchen Grenzen man sich befassen muss. Selbstverständlich sind Rahmenbedingungen und Voraussetzungen in jeder Stadt unterschiedlich.

In Bochum stellt das aktive Miteinander zwischen Hochschule(n), Stadt und Gesellschaft bereits seit den 1990er-Jahren einen wichtigen Beitrag des Strukturwandels dar. Dies ist nicht einfach „passiert“, sondern wurde strategisch, kontinuierlich als Chef*innensache begleitet, wobei auch die Stadtgesellschaft einbezogen war. Vor einer besonderen Herausforderung steht die Stadt Nürnberg, in der sich eine neue Hochschule mit ambitionierten Konzept und Zeitplan in Gründung befindet. Es ist jedoch nicht einfach „die Stadtgesellschaft“ mitzunehmen. Die Angebote rund um „Wissen und Bildung“ werden punktuell und von einem eher bildungsnahen Klientel angenommen. „Haus der Wissenschaft“, Lesungen oder Ausstellungen sind wichtige Bausteine. Zusätzlich sind jedoch niederschwellige Angebote erforderlich.

Im Seminar wurden u.a. die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt (Studierende konkurrieren hier mit anderen Gruppen) thematisiert. Auch Überlastungen von Infrastrukturen sind vor allem an attraktiven Hochschulstandorten ein Thema. Trotz dieser Engpässe werden an vielen Standorten Standortkonkurrenzen und ein „war of talents“ bei der Anwerbung von Studierenden (auch aus dem Ausland) spürbar. Angesprochen wurde der Widerspruch zwischen Hochschulstandorten, die weiterhin von Wachstum ausgehen und so planen (neue Studiengänge und Lehrstühle) und einer perspektivisch abnehmenden Zahl von Studierenden und den damit verbundenen Konsequenzen. Durch die aktuellen Herausforderungen aus dem noch andauernden Wachstum sieht sich derzeit kaum eine Kommune veranlasst, sich mit langfristigeren Entwicklungen, wie einem Rückgang von Studierendenzahlen, auseinander zu setzen.

Immer wichtiger wird die „Third Mission“. Universitäten und Fachhochschulen wirken heute in die Gesellschaft hinein, z.B. über Kinder-Unis, Alumni-Angebote oder akademische Anlaufstellen für Geflüchtete. Das ist nicht trivial, da Selbstverständnis sowie Rolle und Aufgabe in der Stadtgesellschaft geklärt werden müssen. Konsens herrschte jedoch bei den Teilnehmenden, sowohl aus Kommunen als auch aus Hochschulen, dass es, bei allen schwierigen und aufwändigen Diskussionsprozessen, im gemeinsamen Interesse ist, dass Stadt und Hochschule zusammenarbeiten.

aus Difu-Berichte 2/2020

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