Bürgerschaftliches Engagement
Forschung & Publikationen

Welche Auswirkungen hat die Krise auf bürgerschaftliches Engagement?

Eine empirische Untersuchung am Beispiel der Stadt Speyer verdeutlicht den großen Wertschöpfungsanteil ehrenamtlicher Arbeit in Zeiten der Coronapandemie. Die Difu-Sonderveröffentlichung stellt exemplarische Aktivitäten dar.

Bürgerschaftliches Engagement ist in Deutschland weit verbreitet und in nahezu allen Lebensbereichen anzutreffen. Allein im Bereich „Sport“ sind rund 88.000 Vereine registriert. Zwischen zwanzig und vierzig Prozent der Bevölkerung sind bürgerschaftlich engagiert. In einer empirischen Untersuchung wurden neben dem Bereich „Sport“ auch Einrichtungen betrachtet, die im Bereich „Soziales“ tätig sind sowie politische Parteien.

Bürgerschaftliches Engagement ist ein stets präsentes und nahezu alle Lebensbereiche betreffendes Thema, gerade auch während der Pandemie. Denn die Pandemiefolgen führen zu großen Einschnitten im gesellschaftlichen Leben und können durch „Lockdowns“ weitere Probleme und Erschwernisse hervorrufen. Daher war es von Interesse zu untersuchen, ob die Coronapandemie auch das bürgerschaftliche Engagement in verschiedenen Dimensionen beeinflusst und was die Menschen zu ihrem Engagement bewegt. In einer für die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften verfassten und gemeinsam mit dem Difu veröffentlichten Arbeit wurden öffentliche Hilfsprogramme und ein ehrenamtlich betriebenes Abstrichzentrum der Gebietskörperschaft Speyer untersucht. Zudem wurden ehrenamtlich tätige Institutionen und Bürger*innen befragt.

Die Wertschöpfung freiwillig erbrachter Leistungen wurde vor der Pandemie in der 50.000-Einwohner*innen-Kommune mit rund 33,5 bis 41 Millionen Euro beziffert und entsprach damit einem Viertel des Jahreshaushalts. Rund zwei Drittel der befragten Institutionen gaben an, dass sich ihre Tätigkeiten qualitativ und/oder quantitativ unter dem Einfluss der Pandemie verändert haben. So summierte sich der pandemiebedingte Wertschöpfungsrückgang auf rund 30 Prozent. Dieser wäre noch höher, wenn darin auch das Arbeitsvolumen berücksicht wäre, das anfiel, um die Tätigkeiten „pandemiesicher“ zu gestalten. Aufgrund dieser Herausforderungen und dem von den Einrichtungen – zumindest für eine begrenzte Zeit – erlebten personellen Aderlass, liegt die Frage nach der Unterstützung des Staates und der kommunalen Verwaltung nahe.

Welche Unterstützung wendet die öffentliche Verwaltung für das bürgerschaftliche Engagement auf?

Seitens der Stadtwerke, deren Gesellschafterin zu 100 Prozent die Stadt ist, wurden vier einzelne Projekte durch eine kleine Summe gefördert. Zwei weitere Programme werden vom Land finanziert und von der Stadt verantwortet.

Für das Projekt „Speyer hält zusammen“ – welches nicht ausschließlich gemeinnützigen Or-ganisationen zu Gute kommt – wurden im Untersuchungszeitraum 20 Prozent der vom Land bereitgestellten Mittel eingesetzt. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass 25 Euro je Bürger*in zur Verfügung standen, von denen bisher fünf Euro seitens der Stadt angeboten wurden und rund zwei Euro für das ehrenamtliche Engagement verwendet wurden.

Das Projekt „Schutzschild für Vereine in Not“ war bisher für Speyer ohne praktische Relevanz, denn diese Fördermittel werden nur dann ausgezahlt, wenn Vereine wegen der Pandemie in Existenznot geraten – was bisher nicht der Fall war.

Als Musterbeispiel mit Modellcharakter kann das durch das DRK betriebene „Abstrichzentrum“ gelten, das maßgeblich von Ehrenamtlichen und Vereinen organisiert und auch betrieben wurde.

Organisatorische Unterstützung gewährten die Stadt und das Praxisnetz Vorderpfalz. Vorbildlich war diesbezüglich auch das Zusammenwirken der verschiedenen Beteiligten. Im Untersuchungszeit-raum wurden hier ehrenamtlich Arbeitsstunden im Gegenwert von rund 200.000 Euro geleistet.

Aus: Difu-Magazin Berichte 2/2021

Kontakt

Florian Harz, M.A.

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