Foto: Strassenbahn im Prenzlauer Berg in Berlin
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Personenbeförderungsgesetz: Neue Normen für neue Mobilitätsangebote?

Aufgabenträger, Verkehrsunternehmen und Verbände diskutierten im Difu-Brennpunkt-seminar im November 2017 mit Blick auf das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) die Notwendigkeit rechtlicher Anpassungen oder gar einer Reform.  

Neben den bereits länger diskutierten vergaberechtlichen Fragestellungen sind in jüngster Zeit neue Kontroversen um Regelungen des PBefG entstanden, da durch die Digitalisierung neue Angebote zur Personenbeförderung auf die Straßen drängen. Zu nennen sind hier insbesondere "Ridesharing-Systeme", bei denen Fahrtwünsche gebündelt werden, mit dem Komfortmerkmal der Haustürbedienung. Mit diesen neuen Konzepten verbinden sich große Erwartungen: Sie sollen den Verkehr nachhaltiger machen und Deutschland zu einem Vorreiter eines durch clevere Algorithmen optimierten Verkehrs. Diese neuen Angebote stehen zwischen ÖPNV und Taxiverkehr, welche aufgrund ihrer Pflichten zur Erfüllung öffentlicher Verkehrsinteressen einen besonderen Schutz genießen. Kritisiert werden die Regelungen des Mietwagenverkehrs – Rückkehrpflicht zum Betriebssitz nach einem Fahrauftrag sowie die Annahme von Aufträgen nur am Betriebssitz – da sie als Hürden für neue Mobilitätsangebote wahrgenommen werden.

Experten aus Beratungsunternehmen und Anwaltskanzleien, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, dem Deutschen Städtetag sowie Anbieter neuer Mobilitätsformen gaben wichtigen Input für die Seminarteilnehmenden in der Diskussion um Chancen und Risiken einer Novellierung des PBefG.

In den Vorträgen und Diskussionen wurde deutlich, dass bei Änderungen an den Regelungen des PBefG Vorsicht geboten ist, sollen "Kollateralschäden" vermieden werden. Weil die tatsächlichen Effekte neuer Mobilitätslösungen auf Angebot und Nachfrage beim gegenwärtigen Wissensstand kaum abzuschätzen sind, regte Dr. Jan Werner von KCW vor einer Novellierung eine stärkere Nutzung der Experimentierklausel (§ 2 Abs. 7 PBefG) an, um so Erfahrungen sammeln zu können. Dr. Bastian Wick vom BMVI hob hervor, dass das Ministerium die Chancen der Digitalisierung für neue Angebote nutzen wolle, jedoch bei einer Präzisierung des PBefG den Daseinsvorsorgeauftrag und die ländlichen Räume nicht aus dem Blick verlieren werde.

Für die Arbeit der kommunalen Aufgabenträger sind nach wie vor vergaberechtliche Fragen sehr wichtig. Schwerpunktthema des Seminars waren daher auch die Fallstricke und Handlungsoptionen einer Direktvergabe an kommunale Verkehrsunternehmen. Zwar ist in der Rechtsprechung eine Tendenz erkennbar, die die kommunalen Aufgabenträger in ihren Handlungsspielräumen bei der Direktvergabe stärkt, allerdings normiert das PBefG den Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre. Die Aufgabenträger sollten sich daher ein klares Bild von den ökonomischen Parametern des ÖPNV in ihrem Zuständigkeitsbereich verschaffen, um so die Möglichkeiten einer eigenwirtschaftlichen Leistungserstellung abschätzen zu können. Offene vergaberechtliche Fragen liegen derzeit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung vor. Eine Entscheidung hierzu wird für Mitte bis Ende 2018 erwartet.

Besondere Sorgfalt erfordert die Erstellung des Nahverkehrsplans, der die Grundlage für die Vorabbekanntmachung ist, die das Vergabeverfahren einleitet und die hinreichend konkret sein muss. Eine Präzisierung der in der vergangenen Legislaturperiode kontrovers diskutierten wesentlichen Bestandteile einer Vorabbekanntmachung im Hinblick auf tarifvertragliche Reglungen und Umweltstandards bleibt aus Sicht der kommunalen Aufgabenträger auch in der laufenden Legislaturperiode wichtig.

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