Kommunaler Beratungsbedarf in ausgewählten europäischen Ländern
Mit welchen Herausforderungen und Problemen sind Städte und Gemeinden in anderen EU-Staaten konfrontiert? Welche Handlungsspielräume stehen ihnen im Kontext unterschiedlicher Verfassungssysteme zur Verfügung? Wer vertritt sie und ihre Interessen gegenüber nationalen und supranationalen Akteuren? Decken die jeweils vorhandenen Forschungs-, Beratungs- und Betreuungsleistungen ihre konkreten Bedarfe ab? Bestehen hier Verbesserungsnotwendigkeiten? Diesen Fragen gingen Werner Heinz und Christoph Hagen in ihrer Studie „Difu goes Europe – Kommunen und ihre Beratungsbedarfe in ausgewählten europäischen Ländern“ nach.
Nach den Ergebnissen einer breit angelegten Literatur- und Internetrecherche und einer schriftlichen Befragung der kommunalen Spitzenverbände in 14 ausgewählten EUStaaten weisen diese wie auch die jeweiligen Städte und Gemeinden eine Reihe von Unterschieden auf: Diese betreffen nicht nur Fläche und Einwohnerzahl und den jeweiligen Verstädterungsgrad, sondern auch den Grad der Autonomie, der den Kommunen in den einzelnen Ländern – ungeachtet des in allen Fällen bestehenden Rechts auf Selbstverwaltung – zugestanden wird. Insgesamt lassen sich in Europa vier unterschiedliche kommunale Verfassungssysteme unterscheiden. Das skandinavische Modell der unabhängigen Gemeinde, das französische Modell der staatlich überwachten Gemeinde, die Gemeinde als Verwaltungseinheit in Großbritannien (Praxis des „Local Self-Government“) sowie das deutsch-schweizer Modell der selbstverwaltenden Gemeinde. Unterschiedlich sind schließlich auch die Einnahmestrukturen der Kommunen in den untersuchten Ländern in Bezug auf das Verhältnis von eigenen Einnahmen aus Steuern und Gebühren sowie Zuweisungen von staatlicher Seite.
In allen Staaten der Untersuchung besteht mindestens ein kommunaler Spitzenverband, in der Hälfte der Länder sind es sogar mehrere. Die Finanzierung dieser Verbände erfolgt in der Regel über Umlagen und Mitgliedsbeiträge. In einigen Fällen werden auch weitere Einnahmequellen wie Verkauf von Publikationen, Beteiligungen oder Projekteinnahmen angegeben. Wichtigste Aufgabe der Verbände ist die Interessenvertretung der jeweiligen Verbandsmitglieder.
Mehrere Verbände unterhalten eine internationale Abteilung – wie z. B. der dänische Gemeindeverband, der internationale Beratungsleistungen zum Aufbau kommunaler Strukturen in Zentral- und Ost-Europa, Asien, Afrika und Latein-Amerika anbietet.
Ein Vergleich der einzelnen Untersuchungsländer in Bezug auf kommunale Forschungs- und Beratungsinstitutionen lässt deutliche qualitative und quantitative Unterschiede erkennen. Staaten wie Großbritannien und den Niederlanden mit einem breiten Angebot an Forschungs- und Beratungsinstitutionen stehen Länder gegenüber, in denen das Angebot eher beschränkt ist. Die Zahl der Institute in kommunaler Trägerschaft bzw. mit kommunaler Beteiligung ist in allen Ländern gering.
Aufgaben- und Problemfelder, die von den befragten Städteverbänden aktuell mit Priorität genannt werden, sind vor allem wirtschaftliche Entwicklung, Umweltfragen und kommunale Finanzen. In knapp der Hälfte der untersuchten Staaten werden auch die Bereiche Verkehr, demographischer Wandel und Wohnungsversorgung zu den aktuell gegenwärtig relevanten Aufgabenfeldern gezählt. Zu den am häufigsten genannten Herausforderungen für die Zukunft zählen Umweltfragen, soziale Polarisierung und demographischer Wandel.
Zwischen dem spezifischen Bedarf der Städte und den verfügbaren Forschungs- und Unterstützungsangeboten gibt es – mit Ausnahme von Italien, Großbritannien und der Schweiz – eine Reihe von Diskrepanzen. Zurückgeführt werden diese auf die mangelnde Ausrichtung von Forschungs- und Beratungsangeboten auf den spezifischen Bedarf der Kommunen wie auch auf das Fehlen einer multisektoralen Problembearbeitung. Möglichkeiten zur Verbesserung der gegenwärtigen Forschungs- und Beratungssituation werden in mehreren Ländern in einer besseren Vernetzung bestehender Einrichtungen und ihrer Leistungen sowie ihrer stärkeren Orientierung an den spezifischen Bedarfen und Ansprüchen der Kommunen gesehen.
Die skizzierten Untersuchungsergebnisse werden in der neuen Difu-Studie detailliert belegt.
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Dr. phil., Dipl.-Ing. Werner Heinz
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