U-Bahn fährt über Brücke mit Kränen im Hintergrund.
Medienbeitrag

Kommunale Infrastruktur: Städte fahren auf Verschleiß

Marode Schulgebäude, Straßen oder Brücken – wie lässt sich die Infrastruktur in Deutschlands Kommunen modernisieren? In einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung kommentiert Institutsleiter Prof. Dr. Carsten Kühl den seit Jahren wachsenden Investitionsstau. 

Es gibt Rekorde, die würde man am liebsten nicht erzielen. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der deutschen Städte wissen ein Lied davon zu singen. Ende 2024 wiesen die kommunalen Haushalte ein Rekorddefizit von fast 25 Milliarden Euro auf. Die Gründe liegen auf der Hand: Deutschland befindet sich seit drei Jahren in der Rezession. Wenn die Wirtschaft nicht wächst, bleiben die Steuereinnahmen hinter den Erwartungen zurück. Hinzu kommt, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Sozialausgaben der Städte, die ihnen durch Bundesgesetze auferlegt werden und die sie zwangsläufig finanziell tragen müssen, ansteigen. Dieberechtigte Forderung der Kommunen „Wer bestellt, bezahlt", bleibt jedoch nach wie vor unerfüllt. 

Das Haushaltsloch des letzten Jahres ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Die deutschen Städte fahren schon seit mehr als 15 Jahren auf Verschleiß. Dies belegt der seit vielen Jahren stetig wachsende Investitionsstau in den Städten, den das Deutsche Institut für Urbanistik seit Jahrzehnten ermittelt. Und hier verzeichnen wir den nächsten Rekord: Der kommunale Investitionsrückstand liegt aktuell bei 216 Milliarden Euro. Wenn man wissen will, ob das viel ist, muss man sich nur verdeutlichen, dass das vier- bis fünfmal Mal so viel ist, wie alle Kommunen in Deutschland zusammen pro Jahr investieren.

Bild von Prof. Dr. Carsten Kühl, Wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Urbanistik.

Unterlassene Investitionen gefährden die Zukunft. Nichts verdeutlicht dies besser als der Investitionsstau bei den Schulgebäuden. Hier gibt es seit Jahren den größten Nachholbedarf. Wenn eine gute finanzielle Ausstattung der Schulen eine entscheidende Voraussetzung für gute Bildung ist, dann gefährden unterlassene Investitionen die Zukunftschancen der jungen Generation. Pädagogisch vernünftige Maßnahmen wie die Ausweitung der Ganztagsbetreuung machen nur dann Sinn, wenn die Kommunen auch finanziell in die Lage versetzt werden, die hierfür notwendigen Baumaßnahmen umzusetzen. 

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler hat vergangene Woche zu Recht darauf hingewiesen, dass es leider oft nicht gelingt, das vorhandene Geld so schnell zu investieren, wie es wünschenswert wäre. Ja, Genehmigungsverfahren, Arbeitskräftebedarf im Bauhandwerk und in den Fachverwaltungen sowie Digitalisierung: Diese Herausforderungen müssen dringend angegangen werden. Aber der Umkehrschluss, solange dies nicht geregelt ist, brauche es auch kein zusätzliches Geld für die Kommunen, wäre fatal. Den Investitionsstau lösen die Kommunen nicht nebenbei mit Bordmitteln auf und neue zusätzliche Aufgaben wie die kommunale Wärmewende ebenso wenig. 

Konstruktive Aufgabenkritik und faire Ausgabenkürzungen haben es in Deutschland leider schwer. Steuererhöhungen werden seit fast 20 Jahren tabuisiert. Was bleibt, wenn die mittlere und die ältere Generation nicht verzichten oder nicht mehr Steuern zahlen will? Es bleibt die Kreditfinanzierung, also der Weg, den die Bundesregierung jetzt geht. Bezahlen muss das die junge und künftige Generation. Vielleicht wäre es akzeptabler für die Jungen, wenn die Bundesregierung das mit 500 Milliarden kreditfinanzierte Sondervermögen konsequent für nachhaltige Infrastrukturinvestitionen verwenden würde - also für Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, auch die Lebenssituation zukünftiger Generationen zu erhalten und zu verbessern. Und für die Kommunen wäre es ein Schritt in die richtige Richtung, wenn große Teile des Sondervermögens für ihre Investitionsvorhaben verwendet würden. Die Lebenswirklichkeit der Menschen findet in unseren Städten und Gemeinden statt.

Der Gastbeitrag von Prof. Dr. Carsten Kühl, Wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Urbanistik, wurde in der Print- und E-Paper-Ausgabe der Fuldaer Zeitung vom 4.7.2025 veröffentlicht. 

Wir bedanken uns für die freundliche Veröffentlichungserlaubnis durch die Fuldaer Zeitung!