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Was gewinnt die Stadtgesellschaft durch saubere Luft?

Die Luftreinhaltung avancierte im Zuge der Diskussion um Fahrverbote im Stadtverkehr zu einem Aufreger-Thema. Dass saubere Luft nicht nur lebenswichtig ist, sondern die Menschen schützt und Städte lebenswert macht, geriet dabei teils aus dem Blick.

Die Klagen der Deutschen Umwelthilfe gegen Städte, deren Luftreinhaltepläne nicht hinreichend gegen erhöhte Stickoxidbelastungen wirken, veranlassten viele dieser Städte dazu, Fahrverbote zu verhängen. Zweifellos ist der Kfz-Verkehr die Hauptquelle der Luftschadstoffbelastungen in den Städten. In der öffentlichen Debatte geht es in diesem Zusammenhang aber vorrangig um Verbote und Verzicht. Der Kern des Themas bleibt jedoch unerkannt oder wird ausgeblendet: Die Grenzen der Belastbarkeit der Menschen und der Städte. Insbesondere in Städten gehen Luftbelastungen oft mit weiteren Belastungen einher, beispielsweise mit Verkehrslärm, erhöhten Ozonwerten, klimaschädlichen CO2-Emissionen. Hinzu kommt die spürbare und weiter zunehmende Flächenkonkurrenz des Autoverkehrs mit umweltfreundlichen Mobilitätsformen.

Durch Fahrverbote, Hardware-Nachrüstung von Diesel-Pkws oder den Wechsel zu Elektrofahrzeugen werden inzwischen mancherorts unvermeidbare kurzfristige Maßnahmen ergriffen, um die Vorgaben des Immissionsschutzes zu erreichen. Mittel- und langfristig wirksame Strategien zur Verbesserung der Luftqualität müssen jedoch darüber hinausgehen und insbesondere Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung sowie -verlagerung auf emissionsfreie Verkehrsträger und öffentliche Verkehrsmittel in den Fokus nehmen. Eine deutliche Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs im Zuge einer grundlegenden Verkehrswende würde neben sauberer Luft gleichzeitig weitere Positiveffekte für die Lebensqualität in den Städten eröffnen. Die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum ließe sich durch die Umwandlung von Straßenland und Parkplätzen in Grün- und Freiflächen und die damit einhergehende Reduzierung des Verkehrs effektiv steigern.

Auch das Erfordernis einer resilienten Stadtentwicklung und die notwendige Klimaanpassung stellen bestehende Flächennutzungen und deren Verteilung in den Städten grundlegend in Frage. Stadtgrün – in Form von Parks, Gründächern, Straßenbäumen, Brachen und Grünflächen – übernimmt wichtige Funktionen für Erholung, Freizeit, das soziale Miteinander sowie für den Erhalt und die Entwicklung von Biodiversität in den Städten. Und, Stadtgrün dient zugleich der Luftqualitätsregulation, dem Lärmschutz, der Regulation von Stadtklima und Wasserhaushalt sowie der Bewältigung von Wetterextremen.

Die Stadtentwicklungsplanung unterstützt die klimatische Wirkung von Stadtgrün durch die Berücksichtigung von Frischluftentstehung und Luftzirkulation in der Planung. Darüber hinaus entstehen durch intelligente Nutzungsmischung und eine verträgliche bauliche Dichte wesentliche Voraussetzungen für eine Stadt der kurzen Wege. Sie fördert den Fuß- und Radverkehr und macht das Auto entbehrlich.

Das Ziel saubere Luft in den Städten zu schaffen ist keine Aufgabe nur für die Verkehrsplanung. Im Zuge einer übergreifenden Herangehensweise ist es nur gemeinsam mit Stadtentwicklungs- und Bauleitplanung, Lärmminderungsplanung, Landschafts- und Freiraumplanung sowie der Planung stadttechnischer Infrastrukturen zu erreichen. Klimaschutz und -anpassung, Luftreinhaltung, Lärmminderung, Mobilität sowie Grün- und Freiflächen sind voneinander abhängig und müssen daher im Zusammenhang betrachtet werden.

Im Difu widmete sich ein interdisziplinär besetztes Team dem hochaktuellen Thema „Saubere Luft in den Städten“. Die Difu-Fachleute diskutierten Maßnahmen unterschiedlicher Fachdisziplinen, sammelten Beispiele und Verfahren aus der Praxis und formulierten Empfehlungen. Zusammengefasst ist die Analyse in der Publikation "Was gewinnt die Stadtgesellschaft durch saubere Luft?"