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Wie das Radfahren im Quartier gestärkt werden kann

Wie kann Radverkehr im Quartier gefördert werden? Wie kann ein fahrradfreundliches und klimaschonendes Miteinander entstehen? Ein Webinar der Fahrradakademie am Difu bot Praxistipps aus Bremen, Beispiel war das Fahrradmodellquartier „Alte Neustadt“.

Fahrradstraßen sind, auch als Infrastrukturmaßnahme, seit einigen Jahren im Fokus der Öffentlichkeit. Die Freie Hansestadt Bremen ist hier noch einen Schritt weiter gegangen. Das an die Weser grenzende und innerhalb der historischen Wallanlagen liegende Quartier „Alte Neustadt“ wurde zur umfassenden Fahrradzone ausgebaut und markiert: ein Fahrradmodellquartier ist entstanden. Das Projekt wurde mithilfe von Fördergeldern im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative und einem ehrgeizigen Zeitplan binnen zweieinhalb Jahren gestemmt. Viele kleinteilige Maßnahmen im Straßenbau führten zum Ziel: glatte Fahrbahnoberflächen, Umbau von Kreuzungsbereichen, Schaffung von Querungsstellen und die Einrichtung von Fahrradbügeln im öffentlichen Straßenraum. Außerdem wurden Carsharing-Stationen installiert, welche in Bremen in engbebauten Quartieren mit zwei bis drei Stellplätzen liebevoll „mobil.pünktchen“ genannt werden. Diese sollen ein Anreiz für die Abschaffung des privaten Autos sein und sind mittlerweile, wie Mobilitätsreferent Michael Glotz-Richter von der Stadt Bremen berichtete, auch in den Augen der Stadtteilbeiräte, ein wichtiges Instrument zur Entlastung des Straßenraums.

Die im Vortrag vorgestellte Strategie wählte ein so schlicht wie ergreifendes Bild zur Veranschaulichung: eine klassische Sahnetorte, denn diese beeindruckt im Ergebnis – basiert aber auf profanen Zutaten. Gezeigt wurde, wie mit den handelsüblichen Zutaten Tempo 30, Bevorrechtigung des Radverkehrs, sicheren Querungsstellen, glatten Oberflächen, ausreichenden Abstellmöglichkeiten und der Implementierung von Serviceelementen wie einem Repaircafé eine äußerst gelungene „Infrastrukturtorte“ gebacken werden konnte, mit der Bremen im Jahr 2018 den Deutschen Fahrradpreis gewann.

Die Fragen der Webinahr-Teilnehmenden bezogen sich vor allem auf Fahrradzone versus Fahrradstraße, auch im Sinne der aktuellen Diskussion um die StVO-Novelle, die u. a. eine Beschilderung für Fahrradzonen vorsieht. Der Regelungsvorteil einer Fahrradstraße gegenüber einer Tempo-30-Zone, so wurde beispielsweise kommentiert, bestehe ja darin, dass Radfahrende nebeneinander fahren dürfen und Kfz ihre Geschwindigkeit anpassen müssen; bei beengten Platzverhältnissen könne aber auch ein einzelner Radfahrer vermutlich nicht überholt werden. Die Symbolwirkung der Priorisierung des Radverkehrs, so Glotz-Richter, wollte Bremen auf ein ganzes Quartier übertragen. Um zu verdeutlichen, dass in der gesamten „Alten Neustadt“ das Fahrrad das vorherrschende Verkehrsmittel ist, habe man sich für eine Fahrradzone entschieden.

Abzuwarten bleibt nun, wie die StVO-Novelle ausfällt und ob gemäß dem Antrag der Bundestagsfraktion der Grünen den Kommunen tatsächlich höhere Freiheitsgrade in Städtebau und Verkehr zuerkannt werden. Für die kommunale Radverkehrsförderung sind Durchhaltevermögen und gute Kommunikation für die Sache gefragt. „Tue Gutes und rede darüber – auch mit der Presse“ lautete denn auch das Plädoyer des Vortragenden.

Die Webinare sind ein regelmäßiges Online-Angebot der vom BMVI geförderten Fahrradakademie am Difu. Sie geben einen fachlichen Impuls in Form eines Vortrages, im Anschluss gibt es Zeit für Fragen und Austausch. Das Ganze findet in einem virtuellen Raum statt, der über Internetbrowser gesteuert wird. Die Teilnahme erfolgt komfortabel vom eigenen Arbeitsplatz aus. Neben der Anzeige von Präsentationen und dem Abspielen von Audio- oder Videodateien ermöglicht ein Werkzeug Interaktionen mit den Teilnehmenden wie Abstimmungen oder Meinungsbilder. Ein Textchat für inhaltliche Fragen und Kommentare ist die gesamte Zeit über aktiv. Die Fahrradakademie setzt das Format seit einigen Jahren ein, um aktuell über gelungene und nachahmenswerte Maßnahmen der Radverkehrsförderung in Kommunen zu berichten und den Austausch anzuregen.

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