Urban Audit - Ergebnisse und Perspektiven

Urban Audit Ergebnisse und Perspektiven

Urban Audit

Ergebnisse und Perspektiven

 
Difu-Neuerscheinung:
 

occasional papers
 
The Urban Audit as an
Instrument of Comparative
City Analysis - The Example
of Berlin, Helsinki
and Stockholm
 
Paper delivered at the
Conference "Stockholm -
Berlin - Helsinki:
Three European Capitals
Facing the Future",
Stockholm,
14-15 September 2000
 
Michael Bretschneider
Heinrich Mäding
 
Internet-Download:

http://www.difu.de/english/
occasional

    

Im Jahr 1997 schrieb die Generaldirektion XVI (Regio) der Europäischen Kommission das Pilotprojekt "Urban Audit" aus. Mit der Durchführung des Projekts in 58 europäischen Städten bzw. Stadtregionen wurde das britische Konsortium ERECO/ECO-TEC ("European Economic Research and Advisory Consortium") beauftragt. Konsortialpartner war das Städtenetz EUROCITIES. Die Projektorganisation sah ein ERECO-Kernteam und ein Netz von "Korrespondenten" aus den EU-Mitgliedsstaaten vor. Das Difu war das nationale Korrespondenzinstitut für die Bundesrepublik Deutschland und organisierte die Kooperation mit den neun deutschen Städten, die von der EU für das Projekt ausgewählt wurden: Berlin, Dresden, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart (vgl. Difu-Berichte 4/98).

Mit dem Urban Audit-Projekt will die GD Regio einen Beitrag zur statistischen Messung der Lebensqualität im europäischen Großstadtvergleich für eine nachhaltige und lokale Defizite ausgleichende Stadtentwicklungspolitik leisten. Begründet wird das Vorhaben auch durch das zunehmende Interesse der EU an städtestatistischen Informationen, die den Anforderungen einer internationalen Vergleichbarkeit entsprechen. Die statistischen Ämter der deutschen Urban Audit-Städte hatten sich für die Versuchsphase des Projekts in einer mit dem Difu kooperierenden Arbeitsgruppe des KOSIS-Verbundes im Verband Deutscher Städtestatistiker zusammengeschlossen. Es wurde erwartet, dass die Kommunalstatistiker nicht nur als Datenlieferanten dienen, sondern unter Wahrung der Ziele der kommunalen Selbstverwaltung partnerschaftliche Beiträge zum Ausbau der europäischen Städtestatistik leisten können. Unter diesem Aspekt begrüßten die beteiligten Städte das Urban Audit-Projekt auch als eine Möglichkeit, Kooperationswege mit der EU zu erproben, und mit dieser Perspektive war das Projekt auch vom Statistischen Ausschuss des Deutschen Städtetages befürwortet worden.

Der Projektauftrag des Difu umfasste im Wesentlichen drei Arbeitsphasen:

  1. Überprüfung der Datenverfügbarkeit zu insgesamt 21 vorgegebenen Indikatorenbereichen mit über 100 Einzelindikatoren,
  2. Datenlieferung aus den beteiligten Städten und bundesweiter Referenzdaten mittels standardisierter Formulare,
  3. Umfangreiche Datenkontrollen und -korrekturen im Vorfeld der geplanten Audit-Veröffentlichungen.

Im Rahmen des Projektauftrags wurden im Difu, Abt. Köln, zu den 21 Indikatorenbereichen Datensätze und -beschreibungen für die Bundesrepublik insgesamt erstellt und die entsprechenden Datenlieferungen aus den Städten auf den Ebenen Stadtumland, Gesamtstadt und Stadtteile überprüft. Außerdem wurden in Köln 200 das Indikatorenset gewichtende Interviews sowie vier Gruppendiskussionen zur Thematik der städtischen Lebensqualität mit einer repräsentativen Personenauswahl aus der Kölner Stadtbevölkerung durchgeführt. Eine Machbarkeitsstudie zur statistischen Erfassung der Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit in deutschen und europäischen Großstädten ergänzte die Projektarbeiten.

Die Projektbearbeitung war, nach den inhaltlich und terminlich rigiden Vorgaben des britischen Konsortiums ERECO/ECO-TEC, in der fachlichen Kooperation mit den statistischen Ämtern der neun Städte, dem KOSIS-Verbund, dem Statistischen Bundesamt und dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung für alle Projektbeteiligten mit einem deutlich unterschätzten Arbeitsaufwand verbunden und warf eine Reihe inhaltlicher, methodischer und organisatorischer Grundsatzprobleme auf.

Inhaltliche und methodische Probleme waren das Fehlen einer klaren Definition des Begriffs "Lebensqualität", das unsystematische überdimensionierte Indikatorenset sowie Variablen von zweifelhafter Validität, die zu geringer Kompatibilität zum deutschen Statistiksystem in Bezug auf die geforderten Daten und Datenklassifikationen und erheblichen Datenausfällen führten. Eine Rolle spielte ebenso der empirisch fassbare Kontrast zwischen dem abstrakten statistischen Lebensqualitätsmodell und der konkreten Alltagserfahrung städtischer Lebensqualität der befragten Bürgerinnen und Bürger.

Organisatorische Defizite zeigten sich in extremem Termindruck, fehlender Möglichkeit zur Partizipation an Entscheidungen für die Auftragnehmer, oft unpräzisen, im Projektverlauf noch geänderten Anweisungen, unvollständiger Berücksichtigung von Korrekturmeldungen, DV-technischen Mängeln sowie Koordinations- und Kapazitätsproblemen bei beteiligten Städten.

Angesichts des erheblichen Projektaufwands und der Problematik des praktizierten Urban Audit-Ansatzes wurde aus dem Kreis der deutschen Projektbeteiligten der Vorschlag geäußert, die Mitarbeit am Urban Audit einer gründlichen Evaluation zu unterziehen und auf ein - den deutschen Verhältnissen angepasstes - Verwertungskonzept hin zu überprüfen. Diesen Vorschlag hat das Difu mit einem (noch laufenden) Projekt aufgegriffen ("Evaluation und Verwertungsanalyse der deutschen Beteiligung am Urban Audit").

Seit April 2000 sind die Ergebnisse der Pilotphase des Urban Audit - sowie ein in Nürnberg und Bilbao getestetes Manual - im Internet (
www.inforegio.cec.eu.int/urban/audit) und teilweise als Publikationen der EU zugänglich (European Union, The Urban Audit, Volume 01/2000: The Yearbook, overview and comparative section. Volume 02/2000: The Yearbook, summary results for each city, Luxembourg 2000 [Office for Offficial Publications of the European Communities]).

Weitere Informationen:
  Dipl.-Psych. Klaus Mittag
Telefon: 0221/340308-12
E-Mail:
mittag [at] difu [dot] de (mittag[at]difu[dot]de)
 
 

Dass sich trotz eingeschränkter Verwertbarkeit der Pilotphase des Urban Audit durchaus konstruktive Städtevergleiche anstellen lassen, zeigt eine von Professor Heinrich Mäding anlässlich eines Vortrages auf der Konferenz "Stockholm - Berlin - Helsinki. Three European Capitals Facing the Future" vom 14.-16. September 2000 in Stockholm vorgestellte Datenanalyse.

Am 21. September 2000 veranstaltete die Europäische Kommission in Paris-Créteil den "Tag des Städteaudits (Urban Audit Day)" mit über 400 Experten/-innen aus EU- und Fachinstitutionen sowie Städten der am Projekt beteiligten Länder. Auf dieser Tagung wurde einhellig die grundsätzliche instrumentelle Bewährung des Urban Audit betont und eine Wiederholung der Datenerhebung und -analyse unter optimierten Verfahrensbedingungen gefordert. Dazu zählen u. a. eine Reduzierung und Validierung des Indikatorensatzes sowie eine weitere regionale Differenzierung des Audits, z.B. durch Einbeziehung der Großräume Paris und London einerseits und einer Reihe kleinerer Städte als der bisher beteiligten andererseits.

Beim Difu, dem KOSIS-Verbund und dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordung besteht - unter der Voraussetzung einer intensiveren Beteiligung und Mitsprache bei der wissenschaftlichen Vorbereitung und der Durchführung sowie verbesserter Projektressourcen - Interesse an der Wiederholung des Urban Audit.