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Forschung & Publikationen

Hohe Umwelt- und Aufenthaltsqualität trotz Verdichtung der Städte

Studie zur Umwelt- und Aufenthaltsqualität in kompakt-urbanen und nutzungsgemischten Stadtstrukturen in den Fallstudienstädten Berlin, Esslingen, Hamburg, Köln, Leipzig und Mülheim zeigt, dass Dichte und Nutzungsmischung nicht zwangsläufig negativ wirken.

Die Städte platzen aus den Nähten. Nicht überall, aber in prosperierenden Ballungsräumen. Starker Einwohnerzuwachs sowie Zunahme von (kleiner werdenden) Haushalten führen zu einer weiteren Verdichtung der Quartiere. Auch die Entwicklung neuer urbaner Kerne an der Peripherie der Großstädte gewinnt an Bedeutung. Dies ist aus  stadtwirtschaftlichen Gründen genauso wünschenswert wie aus ökologischen und sozialen Gründen. Aber wo sind die Grenzen der Verdichtung? Was sind die Vor- und Nachteile der Mischung unterschiedlicher Nutzungen in hoch verdichteten Stadtstrukturen? Und wie ist die Umwelt- und Aufenthaltsqualität in kompakt-urbanen und nutzungsgemischten Stadtstrukturen zu bewerten? Mit diesen Fragen beschäftigten sich das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) und das BKR Aachen in einem gemeinsam für das Umweltbundesamt durchgeführten Forschungsprojekt.

Grundlage waren Fallstudien in Berlin, Esslingen, Hamburg, Köln, Leipzig und Mülheim. Der Forschungsbericht und eine Broschüre mit Empfehlungen liegen online vor.

Die Kernaussage: Dichte und Nutzungsmischung führen nicht zwangsläufig zu einer schlechteren Umwelt- und Aufenthaltsqualität. Es kommt vielmehr darauf, wie beides organisiert ist und in welchem Maße externe Faktoren in die Gebiete hinein wirken. Siedlungsdruck und damit einhergehende Verdichtung auf begrenzten Flächen sowie die unterschiedlichen Akteurskonstellationen, -wünsche und -anforderungen führen zwangsläufig zu Zielkonflikten. Zu denken ist an den Verlust an Grün- und Freiflächen, die Erhöhung des  Verkehrsaufkommens und die damit einhergehenden Belastungen aber auch an den Lärmschutz gegenüber anderen Lärmquellen. Dies gilt bei der Schaffung neuer Quartiere und der Nachverdichtung von Bestandsquartieren. Die Herausforderung in kompakten und nutzungsgemischten Quartieren lautet daher, ein hohes Maß baulicher Dichte und eine möglichst große Vielfalt unterschiedlicher Nutzungen mit einer hohen Umwelt- und Aufenthaltsqualität in Einklang zu bringen. Vor allem müssen Grün- und Freiräume in ausreichender Zahl und Qualität gesichert werden. Das bedeutet, Straßenräume und Plätze aufzuwerten und Mehrfachnutzungen stärker zu etablieren. Denn die Umwelt- und Aufenthaltsqualität in den Quartieren werden stark von der baulichen Dichte, insbesondere dem Verhältnis zwischen und der Anordnung von bebauten und unbebauten Flächen beeinflusst. Welche Dichte noch verträglich ist kann allerdings nicht generell festgestellt werden. Vielmehr kommt es darauf an, ob und in welchem Maße entlastende Effekte aus dem räumlichen Kontext wirksam werden.

In den Fallstudienquartieren verursacht Nutzungsmischung keine nennenswerten Konflikte – sofern Standorte keine überlokale Bedeutung entfalten. Nutzungen oder Standorte mit stadtweiter Bedeutung tragen zur Attraktivität der untersuchten Quartiere bei. Durch hohes zusätzliches Besucheraufkommen sind einige der Quartiere aber deutlich belastet. Dies betrifft insbesondere "Ausgehmeilen". Auch in diesen Quartieren gibt es neben den stark frequentierten Straßenzügen ruhige Wohnlagen. Die Umwelt- und Aufenthaltsqualität der kompakten innerstädtischen Quartiere wird maßgeblich durch ihre Lage im Stadtgebiet und von außen in die Gebiete wirkende Umweltfaktoren bestimmt. Positiv wirken Wasserflächen, Stadtparks und nahe Grünflächen. Die gesamtstädtische Verkehrsorganisation und überörtlicher Verkehr sind externe Faktoren, die sich durch Lärm- und Schadstoffemissionen negativ auf die Umwelt- und Aufenthaltsqualität in den Städten auswirken.

Bei Neuplanung lassen sich negative Effekte oft vermeiden: durch gute Ordnung und Erschließung der Baukörper, technische Vorkehrungen gegen Immissionen und gute Anbindung und Gestaltung der Grün- und Freiflächen. Im Bestand geht es häufig um die Korrektur von negativen Entwicklungen: Die  Gestaltungsinstrumente sind vorhanden. Die Herausforderung besteht darin, sie entsprechend zu nutzen. Insbesondere mit Blick auf die Sicherung von Freiraumfunktionen kommt auch einer vorausschauenden Liegenschaftspolitik durch die Kommunen eine Schlüsselrolle zu.