Foto: Treppenbauelement aus Beton liegt auf einer Baustelle
Stadtentwicklung & Stadtplanung

Praxis-Check Baugebote

In innerstädtischen Baulücken oder Brachen steckt enormes ungenutztes Potenzial für den dringend benötigten Wohnungsbau.  Dem kann mit dem Baugebot entgegengewirkt werden.  Das Vorhaben ging der Frage nach, wie diesem Instrument zu einer stärkeren Anwendung in der Praxis verholfen werden kann.

In innerstädtischen Baulücken, Brachen und minder genutzten Grundstücken steckt enormes Potenzial für den in vielen Städten und Gemeinden dringend benötigten Wohnungsbau. Einen wesentlichen Beitrag zur Nutzung dieses Potenzials kann ein verstärkter Einsatz des bislang in der Praxis wenig angewendeten Baugebots leisten. Der „Einsatz“ des Baugebots umfasst nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis auch die informelle Ankündigung des Baugebots. Das Baugebot nach § 176 BauGB ist die durch Bescheid der Gemeinde begründete Verpflichtung der Eigentümerinnen und Eigentümer, ihre Grundstücke im beplanten oder im unbeplanten Innenbereich innerhalb einer angemessenen Frist zu bebauen oder eine vorhandene bauliche Anlage anzupassen.

Im Auftrag des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) befasste sich das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) mit der Frage, wie dem Baugebot zu einem effektiven und effizienten Einsatz zugunsten des Wohnungsbaus verholfen werden kann. Das Projekt „Praxis-Check Baugebote“ (vormals: „Das Baugebot in der kommunalen Praxis“) erfolgte unter Beteiligung von neun Städten und Gemeinden (Bad Segeberg, Berlin, Bremen, Guxhagen, Konstanz, München, Nürnberg, Reutlingen und Stuttgart) und wurde vom Deutschen Städtetag (DST) und vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) unterstützt. Vor dem Hintergrund der Zurückhaltung bei der Anwendung des Baugebots waren Anzahl und Bedeutung der beteiligungsbereiten Kommunen beachtlich und eröffneten die Möglichkeit, dem bisher nur geringen Wissen zu Baugeboten wesentliche und zentrale Inhalte hinzuzufügen, bestimmten Annahmen fundiert entgegenzutreten und andere belegen zu können.

Ausgehend von einer Bestandsaufnahme identifizierte der Praxis-Check gemeinsam mit den neun beteiligten Kommunen Fallkonstellationen, die sich für den Einsatz des Baugebots eignen und die für die Wohnraumschaffung relevant sind. Um konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten, wurden anhand von den jeweiligen Fallkonstellationen entsprechenden Grundstücken und städtischen Situationen verschiedene Handlungspfade für einen verstärkten Einsatz des Baugebots analysiert und geprüft. Die Prüfung erfolgte sowohl hinsichtlich der Potenziale im Geltungsbereich von Bebauungsplänen als auch im unbeplanten Innenbereich.

Methodisch bestand das Projekt aus ineinander verschnittenen rechtswissenschaftlichen und empirischen Elementen und einem starken Fokus auf Anwendungsorientierung und Praxistauglichkeit. Um die potenzielle Vielgestaltigkeit der Praxis zu strukturieren und handhabbar zu machen, wurden idealtypische Verfahrensschritte und Fallkonstellationen modelliert. Das Kernstück des „Praxis-Checks Baugebote“ bildete ein einheitliches Prüfprogramm, anhand dessen der Einsatz von Baugeboten in konkreten Fällen planspielhaft simuliert wurde. Zwei Bausteine waren dabei zentral:

  • zum einen die rechtlichen und verwaltungspraktischen Fragestellungen bezogen auf den Einsatz des Baugebots im Einzelfall und

     
  • zum anderen die Einbettung in eine Innenentwicklungsstrategie. Ein besonderer Fokus lag dabei jeweils auf dem Zusammenspiel des Baugebots mit anderen Instrumenten wie zum Beispiel Verträgen und Entwicklungskonzepten.

Im Ergebnis waren sich alle Beteiligten einig, dass das bisher zu wenig genutzte Baugebot für die Mobilisierung von Wohnbauflächen ein wichtiger Hebel ist – allein schon deshalb, weil es eines von sehr wenigen formellen Instrumenten zur Baulandmobilisierung ist. Das Projekt hat zudem gezeigt, dass die rechtlichen Voraussetzungen des Baugebots grundsätzlich keine unüberwindbaren Hürden für die Gemeinden darstellen. Das Baugebot sollte deshalb genutzt werden, allerdings nicht prioritär in seiner hoheitlichen Form: Das Projekt war von dem zentralen Grundgedanken getragen, mithilfe des Baugebots vorrangig zu einer gemeinsamen Lösung mit den Eigentümerinnen und Eigentümern zu kommen, an deren Ende die Bebauung des jeweiligen Grundstücks steht. Die vertragliche Bauverpflichtung stellt dabei das Mittel der Wahl dar. Erst wenn dieses Vorgehen in der Praxis nicht erfolgreich ist, sollte – so die Projektempfehlung – das Baugebot angeordnet werden.

Das Baugebot kann sowohl im Einzelfall oder in einer Testreihe erprobt werden. Langfristig sinnvoller erscheint jedoch eine Einbettung in eine Innenentwicklungsstrategie, die ein enges Zusammenspiel und eine Verzahnung des Baugebots mit den anderen informellen und formellen Instrumenten beinhaltet und einen umfangreicheren Einsatz des Baugebots vorzeichnet. Zentraler Anker sollte dabei die Einbindung in ein vom Gemeinderat beschlossenes städtebauliches Konzept, einen Rahmenplan oder eine sonstige städtebauliche Planung sein. Dabei empfiehlt sich eine Orientierung an dem neu geschaffenen § 176a BauGB.

Die Ergebnisse des Praxis-Checks und die Stärkung des Baugebots durch das Baulandmobilisierungsgesetz ermutigen zu einem intensiveren Einsatz des Baugebots. Schon zu Beginn des Projekts hat sich gezeigt, dass das Baugebot auf ein neues, vermehrtes Interesse in den Kommunen – sowohl in der Politik als auch in der Verwaltung – stößt. Dieser Eindruck hat sich gegen Ende des Projekts noch verstärkt. Auch deshalb werden in 2022 zentrale Ergebnisse des Praxis-Checks in einer an die Kommunen gerichteten Arbeitshilfe veröffentlicht.

 

Projektleitung
Ass.iur. Stefanie Hanke, LL.M
Baugebote in der kommunalen Praxis
bis
Bau- und Planungsrecht
Stadtentwicklungsplanung
Stadtentwicklung, Recht und Soziales
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

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