Pressemitteilung

Kommunen sind Vorreiter bei Verwaltungsmodernisierung

Berlin, 21.11.1997

Kommunen sind Vorreiter bei der Verwaltungsreform - machen jedoch auf Umsetzungshindernisse aufmerksam

Der überall beklagte "Reformstau" findet in Städten, Kreisen und Gemeinden nicht statt. Denn diese sind längst aufgebrochen, ihre Behördenapparate in moderne "Dienstleistungsunternehmen" umzuwandeln - früher als alle Bundesländer, lange vor dem Bund - jedoch von beiden nur unzulänglich unterstützt. Städte, Kreise und Gemeinden sind in ihrem Bemühen, ihre Verwaltungen zu einem wirtschaftlicheren, wirksameren und bürgerfreundlicheren Verhalten zu befähigen, weit fortgeschritten. Dies war Konsens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fachtagung "Bürger - Politik - Verwaltungsreform", die am 20. und 21. November 1997 in Berlin gemeinsam vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu), Berlin, und der Kommunalen Gemeinschaftsstelle (KGSt), Köln, veranstaltet wurde.

Die rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer - aus Räten und Kreistagen sowie Fach- und Führungskräfte der Kommunalverwaltungen etwa 100 deutscher Kommunen - wiesen in dieser ersten Zwischenbilanz rund sechs Jahre nach Einführung der Reform jedoch auch darauf hin, daß man weniger schnell als ursprünglich vorgesehen vorangekommen sei. So lassen sich erstarrte Strukturen und die "gebremste" Reformbereitschaft einzelner Mitarbeiter offensichtlich nicht im ersten Anlauf überwinden.

Deutlich wurde bei der kritischen Zwischenbilanz ebenso, daß sich die Kommunalverwaltungen zu sehr mit sich selbst beschäftigen. Die Einbindung der Politik wird häufig ebenso vernachlässigt wie die praktische Umsetzung des Reformziels, die Bürgerorientierung zu verstärken. Beides seien jedoch integrale Bestandteile des "Neuen Steuerungsmodells", das Reformverwaltungen als Orientierungsrahmen dient.

Durch die lebhaft geführten Diskussionen während der Konferenz wurden vor allem drei Aspekte deutlich:

- Verwaltungsmodernisierung allein löst nicht sämtliche Probleme der Kommunalverwaltungen. Ohne eine kritische "Durchforstung" der den Kommunen vom Staat vorgegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen und ohne Überprüfung der gesamten Aufgaben- und Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden werden die kommunalen Reformen letztlich Stückwerk bleiben. Denn gerade die mit der Modernisierung vorrangig verfolgte finanzielle Konsolidierung wird ohne das Zusammenwirken aller Ebenen der öffentlichen Verwaltung nicht gelingen.

- Verwaltungsmodernisierung bedarf nicht nur der Anleitung durch die Politik, sondern vor allem auch einer Reform der Politik selbst: Die Vertretungskörperschaften müssen ihre Ausschußstrukturen der neuen Organisation der Verwaltung anpassen; die Politik muß sich aus den Details des Verwaltungsgeschehens heraushalten und sich auf die strategischen Entscheidungen konzentrieren - und dies ohne den Kontakt zu den Bürgern zu verlieren; sie muß lernen, über die Vorgabe wichtiger Kennzahlen statt über Einzeleingriffe in die Verwaltung zu steuern. All das erfordert grundlegende Verhaltensänderungen - möglicherweise sogar einen neuen Politikertypus. Auch die Verwaltung ist herausgefordert. Sie muß lernen, bei der Informationsversorgung der Kommunalpolitiker Prioritäten zu setzen: das heißt Wichtiges, weniger Wichtiges und Unwichtiges zu trennen - auch dies ist etwas, was sie bisher nicht vermochte.

- Bürgerorientierung, Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement sind zwar in allen Reformkonzepten beschworene Ziele, deren Verwirklichung jedoch meist nur durch binnen-organisatorische Maßnahmen versucht wird - in der Erwartung, Bürger würden als Besucher von Verwaltungseinrichtungen wie auch als an Einsparungen interessierte Steuerzahler schon davon profitieren. Dies trifft sicherlich zu, erübrigt aber keineswegs zusätzliche, eigens auf die Bürger bezogene Maßnahmen. Es gilt nicht nur für die Verkürzung von Bearbeitungs- und Wartezeiten und dergleichen, sondern auch für die systematische Erforschung des Bürgerwillens und dessen "Einspeisung" in entsprechende Beschlußvorlagen.

Die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer zeigten Wege zur Bewältigung all dieser Fragen auf. Einigkeit bestand darüber, daß sich Reformen weniger als konzeptionelles, denn als Umsetzungsproblem darstellen. Die Euphorie des frühen Aufbruchs ist in den Kommunen zwar bereits verflogen. Aber man ist zuversichtlich, daß man - den nötigen "Flankenschutz" des Staates vorausgesetzt - die begonnenen Reformen trotz aller Schwierigkeiten und Zielkonflikte vollenden wird.

Das Interesse an der Konferenz war so groß, daß eine weitere am 12. und 13. März 1998 in Koblenz durchgeführt wird.