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ÖPNV-Offensive in Stadt und Umland für mehr Lebensqualität

Wie kann der Öffentliche Personennahverkehr kurz-, mittel- und langfristig attraktiver werden? Dies diskutierten Verkehrsexperten aus ganz Deutschland bei einem Difu-Seminar in Berlin.

Der ÖPNV rückt als stadtverträgliche Mobilitätsoption wieder stärker in den Fokus politischer und gesellschaftlicher Diskussion. Die Gründe hierfür sind Luftbelastungen durch Stickoxide und Feinstaub, steigende Kohlendioxid-Emissionen des Verkehrssektors, Staus in den Städten und ihrem Umland, ein hoher Parkdruck und nicht zuletzt die drohenden Fahrverbote. ÖPNV wird deshalb als Problemlöser wahrgenommen, wodurch die Chance zur Umsetzung von ÖPNV-Projekten zurzeit besonders hoch ist.

Kurzfristige Angebotsverbesserungen sind aufgrund von Infrastruktur- und Fahrzeugverfügbarkeiten nur mit Bussen möglich. Das Planungsdogma, Parallelverkehr auf Schiene und Straße zu vermeiden, verliert an Bedeutung. Als Beispiel für eine Entlastungslinie wurde der neue Schnellbus X1 in Stuttgart vorgestellt. Die verdeutlichte, dass Angebotsverbesserungen Kosten verursachen, die allein über zusätzliche Fahrgelderlöse nicht refinanziert werden können. Neben der Investitionsförderung müssen auch höhere Betriebskosten durch den Aufgabenträger finanziert werden.

Um Metrobuslinien attraktiver zu machen, setzt Hamburg beispielsweise in mehreren Stufen ein Beschleunigungsprogramm um. Durch die Einrichtung von Busspuren, den Umbau von Haltestellen sowie die Aufstellung von Fahrscheinautomaten können Zeitreserven gewonnen werden, die einen zuverlässigeren Betrieb ermöglichen. Nur langfristig realisierbar sind Schieneninfrastrukturprojekte. Ein lange diskutiertes Projekt ist die Stadt-Umland-Bahn, die als attraktive (Überland-)Straßenbahn künftig die Städte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach verbinden soll. Günstige politische Rahmenbedingungen boten die Möglichkeit, politische Beschlüsse zu erzielen und die Planung zu konkretisieren. Auch die gegenwärtig und perspektivisch gut gefüllten Fördertöpfe fördern den ÖPNV-Hype. Bedenklich ist, dass abgerufene Fördermittel des Bundes-GVFG hinter den verfügbaren Mitteln zurückbleiben. Gründe hierfür sind Defizite bei den Planungskapazitäten, nicht erreichte politische Mehrheiten für geplante Projekte, Ablehnung von Projekten in Bürgerentscheiden oder fehlende kommunale Mittel für Planung und Eigenanteile.

Städtische Verkehrsbelastungen werden wesentlich durch den Stadt-Umland-Verkehr mit verursacht. Für den ÖPNV zwischen Leipzig und seinem Umland erbrachte die S-Bahn Mitteldeutschland einen Qualitätssprung und teils deutlich höhere Nachfrage. Da viele Fahrgäste ihr Fahrrad mitnehmen, gibt es in einigen Zügen ein Platzproblem. Es gilt, Kapazitätsengpässe zu beseitigen und Nachfrage zu steuern. Auch das Rad als Verkehrsmittel an Bedeutung gewonnen hat, so ist die Mitnahme teilweise noch problematisch.

Vorgestellt wurden beim Seminar die schweizerischen Agglomerationsprogramme Siedlung und Verkehr, die auf den Zusammenhang von Siedlungs- und Verkehrsentwicklung fokussieren, um so den Flächenverbrauch zu reduzieren und die Belastungen durch Verkehr zu verringern. Interessant ist das dort praktizierte multikriterielle Verfahren, mit dem die Qualität der Programme bewertet wird und Maßnahmen priorisiert werden. Die ÖPNV-Offensive benötigt Personal für die Projektplanung und -umsetzung, aber es muss auch Fahrpersonal für den ÖPNV gewonnen werden. Hierzu ist nicht nur eine bessere Bezahlung, sondern es ist auch ein Kurswechsel bei den Arbeitszeiten erforderlich, um die Attraktivität der Arbeitsplätze zu erhalten bzw. wiederherzustellen.

Die Frage, mit welchen Kurz-, Mittel und Langfriststrategien der ÖPNV vorangebracht werden kann, ist wieder in der Diskussion. Ziel Difu-Seminars "ÖPNV-Offensive in Stadt und Umland" war es, die Diskussion über passende Maßnahmen für die jeweilige Stadt und Region zu unterstützen – und dabei vor allem nicht zu vergessen, dass der Verkehr nicht an der Stadtgrenze halt macht.

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