Städtebauliche Verträge
Grundlegend überarbeites und erweitertes Handbuch
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Städtebau und Städtebaurecht sind seit jeher durch Absprachen, Verträge und vielfältige informelle Vereinbarungen geprägt. Städtebau vollzieht sich traditionell nicht einseitig nach den abstrakten Vorgaben der Gemeinde als Hoheitsträger. Die "städtebauliche Wirklichkeit" wird maßgeblich durch die Investitions- und Nutzungsinteressen einzelner Grundstückseigentümer, Vorhabenträger oder Bevölkerungsgruppen bestimmt. Das Handeln der Gemeinde kann häufig eher als Reflex auf private Initiative beschrieben werden. In den letzten Jahren scheint sich diese Entwicklung noch verstärkt zu haben. So sucht beispielsweise eine Fertigungsbaufirma via Internet nach interessierten Kommunen und Stadtverwaltungen zur Entwicklung neuer Wohngebiete. In vielen Städten und Gemeinden werden die Rahmenbedingungen für Vorhaben regelmäßig durch den Investor gesetzt, so dass bereits von einem "Diktat des Investors" gesprochen wird (Der Spiegel, 1998, H. 36, S. 62 f.). Anders stellt sich die Situation in einigen, vor allem west- und süddeutschen Städten dar, die in ihrer Entwicklung überdurchschnittlich prosperieren. Dort wird die Einleitung von Planungsverfahren im Regelfall davon abhängig gemacht, ob sich der Investor oder Grundstückseigentümer an den Kosten der Planung und der notwendigen Folgeinvestition beteiligt. Städtebauliche Verträge sind heute unverzichtbarer Bestandteil einer effizienten und kostensparenden Baulandpolitik. Sie dienen der Realisierung vielfältiger städtebaulicher Ziele und zugleich den Interessen des Vorhabenträgers an einer zügigen und kooperativen Durchführung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. So können zum Beispiel zur Sicherung der Ziele eines Bebauungsplans im Hinblick auf eine sozial gerechte Wohnraumversorgung Bindungen vereinbart werden, die dazu dienen, den Wohnraumbedarf von bestimmten Bevölkerungsgruppen zu decken, obwohl entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan nicht zulässig sind. Häufig geht es auch darum, die Durchführung städtebaulicher Vorhaben und privater Investitionsvorhaben zu beschleunigen. Aus Sicht der Gemeinde dient der Vertrag in vielen Fällen dazu, Hindernisse, die sich aus der Begrenztheit der finanziellen und personelle Ressourcen ergeben, aus dem Weg zu räumen, indem sich ein Vorhabenträger oder Grundstückseigentümer zur Durchführung von Maßnahmen auf seine Kosten verpflichtet oder die der Gemeinde entstehenden Kosten übernimmt. Das Deutsche Institut für Urbanistik hatte bereits in den Jahren 1994 und 1995 in Zusammenarbeit mit Prof. Gerd Schmidt-Eichstaedt (TU Berlin) eine breit angelegte Rechtstatsachenuntersuchung über die Anwendungspraxis städtebaulicher Verträge durchgeführt, deren Ergebnisse in einem als Arbeitshilfe mit Regelungsbeispielen, Vertragsmustern und Hinweisen zur Vertragsgestaltung konzipierten Buch veröffentlicht wurden. Diese erste Auflage wurde nun grundlegend überarbeitet, aktualisiert und erweitert. Die Neuauflage berücksichtigt zum einen die durch das am 1. Januar 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (BauROG) geänderte Rechtslage. Zum anderen sind die zahlreichen zwischenzeitlich veröffentlichten oder sonst bekannt gewordenen Gerichtsentscheidungen und Fachveröffentlichungen zu städtebaulichen Verträgen eingearbeitet. Demgemäß wird zu den offenen Streitfragen der aktuelle Meinungsstand wiedergegeben, wobei auch hier - dem Leitgedanken eines Praktiker-Handbuchs folgend - stets praktikable Lösungswege unter Berücksichtigung der bestehenden rechtlichen Risiken aufgezeigt werden. So werden zum Beispiel die umstrittene Frage der Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf städtebauliche Verträge differenziert erörtert und dabei die unterschiedlichen Auffassungen der verschiedenen mit der Frage befassten Gerichte (OLG Koblenz, DNotL-Report 1998, S. 25; LG Karlsruhe, DNotZ 1998, S. 483; OLG Hamm, BayVBl. 1997, S. 536; BayVGH, BayGT-Fachzeitschrift 1999, S. 115) dargestellt. Da die Rechtslage noch nicht abschließend geklärt ist, sollte man in der Anwendungspraxis aber Vorsicht walten lassen und Sorge tragen, dass die dort abgeschlossenen städtebaulichen Verträge auch den Anforderungen des AGB-Gesetzes genügen.
Die zweite Auflage umfasst die gesamte Bandbreite möglicher Vertragsinhalte und ist inhaltlich erheblich erweitert. Dem Erschließungsvertrag nach § 124 BauGB und dem Durchführungsvertrag zum Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 Abs. 1 BauGB wird jeweils ein eigenes Kapitel eingeräumt, und zugleich werden an die aktuelle Rechtsentwicklung angepasste und fortentwickelte Vertragsmuster zu diesen Verträgen abgedruckt. In einem eigenen Kapitel werden auch die Folgen von Leistungsstörung und die Möglichkeiten der Vertragsanpassung erörtert. Hinweise finden sich auch auf die möglichen steuerlichen Auswirkungen (Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer sowie Einkommenssteuer) städtebaulicher Verträge. Beim Erschließungsvertrag wird sowohl auf die Fremdanliegerproblematik als auch auf die zuletzt in der Fachöffentlichkeit diskutierte Frage eingegangen, ob auch eine Erschließungsgesellschaft an der die Gemeinde mehrheitlich beteiligt ist, Vertragspartner sein kann. Entgegen der namentlich von Birk und Driehaus vertretenen Auffassung wird dies für zulässig gehalten. Ein Erschließungsunternehmen mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit (wie zum Beispiel eine GmbH) ist eine rechtlich gegenüber der Gemeinde verselbstständigte Einheit, mit eigenen Rechten und Pflichten und eigenem Vermögen und deshalb Dritter im Verhältnis zur Gemeinde, unabhängig von den Beteiligungsverhältnissen. Die Gründung einer gemeindeeigenen oder mehrheitlich beherrschten Erschließungsgesellschaft stellt auch keinen Missbrauch dar. Zwar kann nicht in Abrede gestellt werden, dass die Gemeinden sich auf diese Weise von allen Erschließungskosten freihalten wollen. Dies ist jedoch nicht der einzige Gesellschaftszweck. Von den Gemeinden wird seit langem eine aktivere Baulandpolitik verlangt, die vor allem eine schnelle und kostensparende Baulandbereitstellung zum Ziel hat. Die Gründung einer privatrechtlich organisierten Erschließungsgesellschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Gemeinde wird in der Regel gerade dieses Ziel verfolgen. Wie bei Erschließungsverträgen mit Erschließungsträgern, an denen die Gemeinde nicht beteiligt ist, rechtfertigen mögliche Beschleunigung und Kostenersparnis als Folge der Beschleunigung den Verzicht auf die beitragsrechtlich gebotene Kostenbeteiligung der Gemeinde. Die in der Anwendungspraxis besonders relevanten Vereinbarungen über den Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft haben nicht nur im Gesetz eine ausdrückliche Erwähnung gefunden, sondern werden in dieser zweiten Auflage ebenfalls in der gebotenen Differenziertheit dargestellt. Einen Überblick möglicher vertraglicher Regelungen zum Ausgleich von Eingriffen bietet folgende Aufstellung:
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Schließlich wurde auch die Gliederungsstruktur und die Gestaltung in der Neuauf- lage weiterentwickelt, um die Orientierung für den Leser und die Nutzung als Arbeitshilfe zu erleichtern. Ergebnis ist ein Handbuch, in dem die Praktiker in den Gemeinden, aber auch Rechtsanwälte, Investoren und Developer konkrete Hinweise zur Entwicklung von vertraglichen Regelungen finden, die den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls genügen. In der Veröffentlichung sind eine Vielzahl von Vertragsmustern sowie Regelungsbeispiele abgedruckt, die im Sinne eines Baukastens verwendet werden können, mit dem einzelne Regelungsbeispiele und Muster bedarfsgerecht zu einem maßgeschneiderten Vertrag zusammengestellt werden können. Insgesamt enthält der Band nun 38 Regelungsbeispiele (erste Auflage 22), die zum einen Teil als bereits vollständige Vertragsvorlagen verwendet werden können. Andere lassen sich mit dem Mustervertrag aus dem Anhang zu einem einzelfallgerechten Vertrag zusammenfügen. Die ganze Bandbreite der abgedruckten Regelungsbeispiele und Vertragsmuster ist der Übersicht auf Seite 9 zu entnehmen.
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