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Schulbau und "Bildungsarchitektur"– Luxus in Zeiten knapper Kassen?

Im Rahmen der "Difu-Dialoge zur Zukunft der Städte" diskutierten Architekten und Bauplaner mit Vertretungen aus der schulischen Praxis, welcher Infrastrukturbedarf im Bildungsbereich einer wachsenden Stadt wie Berlin absehbar ist.  

In regelmäßigen Abständen brandet eine mediale Debatte über marode Schulgebäude, vom Schimmel befallene Klassenräume und unhygienische Zustände in Turnhallen und Sanitäreinrichtungen der Schulen auf. Trotz verschiedener Finanzierungsprogramme des Bundes und der Länder, waren die Kommunen bisher offenbar nur bedingt in der Lage, den Investitionsstau in Höhe von rund 33 Mrd. Euro abzubauen.

Die Bildungsinfrastruktur verkommt inzwischen immer mehr zu einem reinen Reparaturbetrieb. Ein gestalterischer Anspruch bei Fragen des kommunalen Schulaus- und -umbaus – verstanden auch als Beitrag zur Realisierung innovativer pädagogischer Konzepte – scheint dabei zunehmend in den Hintergrund gedrängt zu werden. Dabei haben sich Aufgaben und Aktivitäten in Schulen so verändert, dass die bisherige räumliche Klassenraum-Flur-Konzeption nicht mehr den Anforderungen an den Schulbau entspricht. Denn auch das bauliche Umfeld, in dem Unterricht und Kinderbetreuung stattfinden, haben Einfluss auf den Lernerfolg von Kindern und Jugendlichen.

In einer Veranstaltung der "Difu-Dialoge zur Zukunft der Städte" diskutierten deshalb Architekten und Bauplaner mit Vertretern aus der schulischen Praxis, welcher Infrastrukturbedarf im Bildungsbereich in einer wachsenden Stadt wie Berlin absehbar ist. Welche Beiträge können dabei auch Stadtplanung und Architektur in Zeiten knapper öffentlicher Kassen leisten, um den Lernerfolg von Schülern zu verbessern? Oberstudiendirektor Ralf Treptow, Leiter des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums in Berlin und Vorsitzender des Verbandes der Berliner Oberstudiendirektoren, sowie Marlis Tepe, Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, beklagten vor allem unklare Zuständigkeiten zwischen den föderalen Ebenen einerseits und den verschiedenen involvierten Fachverwaltungen andererseits. Dies führe oft zu einem erheblichen Koordinationsaufwand und massiven zeitlichen Verzögerungen bei der Planung und Realisierung von dringend benötigten Um- und Ausbaumaßnahmen. Eine unzureichende Finanzausstattung der Schulen verlange zudem den Schulleitungen ein Höchstmaß an Kreativität und baulicher Planungskompetenz ab, die von ihnen eigentlich gar nicht erwartet werden dürfte.

Demgegenüber zeigten Barbara Pampe, Architektin und Referentin der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaf, sowie Doris Gruber, Architektin und Mitglied der Bundesarchitektenkammer (BDA) auf, dass es inzwischen durchaus diverse Positivbeispiele für gelungenen Schulaus- und -umbau gibt. Mit Blick auf Binnendifferenzierung, Inklusion und Ganztagsbetreuung gehe es dabei vor allem um die Schaffung einer offenen und multifunktionalen Lernumgebung mit Lern-, Experimentier- und Arbeitsinseln für Lernende und Lehrende. Sowohl Schulpraktiker als auch Architekten waren sich einig, dass die "Phase 0" – also die Planungsphase eines Schulum- oder -ausbaus – von zentraler Bedeutung für das Gelingen und die Akzeptanz solcher Projekte sei. Hier müssten sich alle involvierten Akteure hinreichend Zeit für einen Austausch der unterschiedlichen Interessen sowie eine Abwägung der verschiedenen baulichen Optionen für ihre Realisierung nehmen. Nur durch eine solche individuelle und bedarfsgerechte Planung könne den spezifischen Rahmenbedingungen der einzelnen Schulen in ihrer Quartierseinbettung Rechnung getragen werden. Auf diese Weise könnte auch flexiblen Modularbauten vorgebaut werden, die derzeit gerne zur schnellen Deckung des sprunghaft gestiegenen Kapazitätsbedarfs in einer wachsenden Stadt wie Berlin diskutiert werden. Mit der Entscheidung zugunsten dieser Bauweise werden jedoch die Fehler der Vergangenheit wiederholt und auch den neuen pädagogischen Anforderungen nicht Rechnung getragen.

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