Foto: ÖPNV-Haltestelle
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Handlungsoptionen für den ÖPNV bei schwacher Nachfrage

ÖPNV-Angebote funktionieren auch in nachfrageschwächeren Räumen: Dazu bedarf es guter Konzepte, zielgruppenorientiertem Marketing und einer informierten Politik, die für ÖPNV-Probleme sensibilisiert ist und gute innovative Praxislösungen kennt.  

In einem Difu-Seminar am 28. und 29. September 2017 in Berlin ging es um die Optimierung von ÖPNV-Angebotsformen außerhalb nachfragestarker großstädtischer Zentren: Mit welchen Handlungskonzepten und Angebotsstrategien lässt sich in Räumen mit schwacher Nachfrage ein passendes und gleichermaßen finanzierbares wie attraktives ÖPNV-Angebot schaffen? Dieser Leitfrage gingen die Refererierenden des Seminars nach. Vorgestellt wurden Konzepte, die bereits einen längeren Praxistest durchlaufen haben, aber auch neue Modelle, deren Umsetzung noch am Anfang steht. Zu den innovativen neuen Mobilitätskonzepten zählt beispielsweise "Garantiert mobil!" im Odenwaldkreis. Durch die Integration von Mitnahmefahrten in den ÖPNV und das neue Produkt "taxOMobil" wird die Verfügbarkeit des ÖPNV aus klassischem Linienverkehr und flexiblen Angebotsformen deutlich erhöht. Im Odenwaldkreis sind die Mitnahmefahrten in den ÖPNV-Tarif integriert, wodurch die Intermodalität für den Fahrgast erleichtert wird, allerdings im Vorfeld rechtliche Hürden zu überwinden waren.

Neu ist auch der Qualitätssprung in der ÖPNV-Erschließung, den das Modellprojekt "Muldental in Fahrt" für einen Teil des Landkreises Leipzig bringt. Kernelemente des Konzepts nach Realisierung aller Umsetzungsstufen sind neue Regionallinien und Stadtbusverkehre, die sich durch einen integralen Taktfahrplan, attraktive Verknüpfungen mit dem Schienenverkehr und ein dichtes Haltestellennetz auszeichnen.

Im Landkreis Hameln-Pyrmont startete 2017 eine umfassende ÖPNV-Reform. Die Tarifstruktur wurde vereinfacht und der Fahrpreis im Schnitt um 36 Prozent gesenkt. Das Angebot wurde um durchschnittlich 15 Prozent ausgeweitet, so dass gleichzeitig zum günstigeren Tarif sogar noch die ÖPNV-Verfügbarkeit gestiegen ist. Ein wichtiges Motiv für die ÖPNV-Offensive ist die Attraktivität als Wohnstandort zu erhalten. Ebenfalls in Niedersachsen liegt der Landkreis Vechta. Weil der ÖPNV nur auf den Schülerverkehr ausgerichtet war, wurde das neue vollflexible Rufbusangebot moobil+ mit einem dichten und einfachen wie auch günstigen Tarif ins Leben gerufen. Zu moobil+ gibt es umfangreiche Marketing-Aktivitäten: In allen Kommunen des Landkreises Vechta gibt es ehrenamtliche moobil+-Berater, die Einwohner über das Angebot vor Ort informieren. Künftig sollen weitere Informationspunkte erschlossen werden, wobei hier beispielsweise an Arztpraxen und Bäckereien gedacht wird.

Für den Kombibus in der Uckermark ist die Förderung der lokalen Wirtschaft eine wichtige Zielsetzung. Der Kombibus kombiniert Personenverkehr und Gütertransport. Er bietet Güterbeförderung beispielsweise für regionale Produkte und den Tourismus, für die sich mangels wirtschaftlicher Attraktivität kein Anbieter findet. Eine Voraussetzung für den Kombibus ist die "Überplanung" des Netzes nach den Grundsätzen des integralen Taktfahrplans, damit nicht nur Fahrgäste, sondern auch Güter "umsteigen" können.

Das Difu-Seminar hat gezeigt, dass viele interessante Konzepte für den ÖPNV auch außerhalb nachfragestarker Großstädte verfolgt werden. Für den dauerhaften Erfolg dieser Angebote ist es nicht nur wichtig, die Fahrgäste zu erreichen, sondern die Notwendigkeit eines gut funktionierenden ÖPNV auch als Aufgabe der politischen Gestaltung zu verankern.

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