Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe,

Frühe Hilfen auch für Jugendliche? Gilt der Schutzauftrag § 8a SGB VIII bis zur Volljährigkeit?

Cover: Frühe Hilfen auch für Jugendliche? Gilt der Schutzauftrag § 8a SGB VIII b
Arbeitsgruppe Fachtagungen Jugendhilfe im Deutschen Institut für Urbanistik (Hrsg.)

Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe, Bd. 78, 2011, DINA4, deutsch, 162 S.

ISBN: 978-3-931418-85-4
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Inhalt

Was für eine Frage …

Das SGB VIII sagt dazu ganz klar "ja", und trotzdem haben viele Fachkräfte aus der öffentlichen und freien Jugendhilfe auf einer Veranstaltung der Arbeitsgruppe Fachtagungen Jugendhilfe im Deutschen Institut für Urbanistik am 07./08.10.2010 in Berlin darüber diskutiert. Und es war interessant und vielleicht auch neu, Jugendliche unter dem Blickwinkel von Kinderschutzaspekten zu betrachten.

Jugendliche eine vergessene Zielgruppe im Kinderschutz?

Bruno Pfeifle, Leiter des Jugendamtes in Stuttgart, stellte bei der Eröffnung der Tagung fest, dass auch ältere Kinder und Jugendliche ihren ganz eigenen (Kinder-)Schutzbedarf haben, mit dem sich die Jugendhilfe intensiver beschäftigen sollte. Kinderschutzthemen seien auch solche, die sich mit der Nutzung neuer Medien, Mobbing, Erpressung, Sucht, Umgang mit Sexualität, Schulschwänzen, Gewalt oder Delinquenz befassen. Er forderte zur Diskussion darüber auf, ob die Kinder- und Jugendhilfe Konzepte und Hilfeangebote für Jugendliche unter Kinderschutzaspekten hat und wie das Jugendamt in diesem Bereich insgesamt aktiver werden kann, weil "wir mit gleicher Intensität nach den größeren Kindern und Jugendlichen schauen sollten, wie es bei den ‚Kleinen’ schon längst geschieht".

Schwarz auf weiß – Jugendliche im Spiegel des § 8a SGB VIII

Sandra Fendrich, Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendhilfestatistik, Universität Dortmund, stellte aktuelle Daten zum Stand der Umsetzung des § 8a SGB VIII in der Praxis in Bezug auf Jugendliche für die Kategorien: Inobhutnahmen, Sorgerechtsentzüge und Hilfen zur Erziehung, vor. Dabei wurde u.a. deutlich, dass es von 2005 bis 2009 eine Zunahme der Inobhutnahmen 14- bis 18-jähriger Jugendlicher von 26% gegeben hat. Eine beachtliche Größenordnung also, die empirisch bestätigt, dass es wichtig ist, sich mit "Frühen Hilfen auch für Jugendliche" zu beschäftigen. Anschließend gab es hierzu im Plenum authentische Erfahrungsberichte aus Leipzig, dem Landkreis Kassel und Stuttgart.

Ist geschlossene Unterbringung Kinderschutz?

Dr. Hanna Permien, DJI München, sagte, dass freiheitsentziehende Maßnahmen als längerfristige Erziehungshilfen für 11- bis 15-Jährige infrage kommen. Sie sind oft durch andere und/oder sich selbst gefährdet und diese Gefährdungslagen sind meist durch ein ganzes Bündel von "Fehlverhalten" (Gewalt, Straftaten, Prostitution, Selbstverletzung, Drogenkonsum, Schulverweigerung) gekennzeichnet. Dieses sei für sie oft eine wichtige Überlebensstrategie und nicht selten die einzige Quelle der Anerkennung sowohl von (meist ebenfalls "abweichenden") Peers als auch von ihren Eltern. Diese Jugendlichen bräuchten zwar nicht selten auch einen sicheren Ort für ihren äußeren Schutz und viele betonten am Ende ihres Aufenthalts in Freiheitsentziehenden Maßnahmen die (ambivalente) Schutzfunktion: "Rettungsinsel"/ "Knast"; "Sonst wäre ich längst auf der Straße oder im Knast oder ‚voll süchtig’!" Doch der Preis sei hoch und der Erfolg nicht garantiert!

Täter als Subjekt des Kinderschutzes?

Dr. Maria Kurz-Adam, Leiterin des Jugendamtes München, referierte zum Thema "Täter als Subjekt des Kinderschutzes". Sie stellte an den Anfang ihres Vortrags die Frage, ob schwierige bzw. delinquente Jugendliche Objekte der Intervention oder Subjekte des Kinderschutzes sind, und gab dann in Thesenform ihre Gedanken dazu wieder. Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe sei es, danach zu fragen: Wie kann ich dich unterstützen? Das bedeute u.a. auch, parteilich zu sein gegenüber dem Täter als Kinderschutz(fall), zum Schutz vor sich selbst und gegenüber anderen. Jugendhilfe solle bei diesen Jugendlichen Spuren der Veränderung hinterlassen, dazu brauche es jedoch ein hohes Maß an Verbindlichkeit im Handeln.

Kinderschutz Jugendlicher – mehr als nur ein semantisches Problem!

Jugendschutz ist ein fest in der Kinder- und Jugendhilfe verankerter Begriff und in der Kommentierung zum SGB VIII ist nachlesbar, was darunter konkret zu verstehen ist. "Jugendwohlgefährdung" hingegen ist ein Wort, das es (noch?) nicht gibt. Vielleicht sollte man anfangen, es einfach häufiger zu gebrauchen?

Aus dem Inhalt

Eröffnung:

Bruno Pfeifle, Jugendamt der Landeshauptstadt Stuttgart

Aktuelle (rechtliche) Entwicklungen im Kinderschutz

Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin

Stand der Umsetzung des § 8a SGB VIII in der Praxis. Eine Annäherung auf der Basis der Kinder- und Jugendhilfestatistik

Sandra Fendrich, Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendhilfestatistik, Universität Dortmund

Meine Erfahrungen als "insoweit erfahrene Fachkraft": Statements aus der kommunalen Praxis

Gerald Gruß, Kinderschutzzentrum Leipzig

Anja Stock-Hüttl, Stuttgarter Jugendhaus gGmbH

Manfred Schilling, ASD Landkreis Kassel

Lebenslagen Jugendlicher heute unter dem Blickwinkel von Kinder- und Jugendschutz. Was sind Gefährdungslagen Jugendlicher im Sinne des § 8a SGB VIII?

Prof. Dr. Holger Ziegler, Universität Bielefeld

Ist geschlossene Unterbringung Kinderschutz?

Dr. Hanna Permien, Deutsches Jugendinstitut, München

Täter als Subjekt des Kinderschutzes in der Kinder- und Jugendhilfe?

Dr. Maria Kurz-Adam, Jugendamt der Landeshauptstadt München

Arbeitsgruppen: Was sind "gewichtige Anhaltspunkte" in meinem Arbeitsfeld?

AG 1: Streetwork

Input: Jörg Bretschneider, LAG Straßensozialarbeit Hamburg

AG 2: Stationäre Hilfen

Klemens Richters, Kinderheim St. Mauritz, Münster

AG 3: Jugendgerichtshilfe

Donald Bieß und Regina Quapp-Politz, Jugendamt der Landeshauptstadt Stuttgart

AG 4: Offene Jugendarbeit

Stephan Glaremin, Stadtjugendamt Düsseldorf

AG 5: Beratungsstellen

Jutta Steck-Kirschner, Bundeskonferenz für Erziehungsberatung, Fürth

Vorstellung des "Gefährdungskatalogs Opfer/Täter" und der Diskussionsergebnisse durch die Moderatoren der Arbeitsgruppen

Gewichtige Anhaltspunkte (im Jugendalter)

Dr. Heinz Kindler, Deutsches Jugendinstitut, München

Literaturhinweise

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