Informationen zur modernen Stadtgeschichte (IMS),

EDV und Stadtgeschichte

Cover der Publikation

Informationen zur modernen Stadtgeschichte (IMS), Bd. 1, 1996, 114 S., Deutsches Institut für Urbanistik 1996

Inhalt

Seit in den 70er Jahren Historiker über "Stadtgeschichte als historische Sozialwissenschaft" zu diskutieren begannen, standen gleichzeitig Möglichkeiten und Grenzen der Quantifizierung und des Computereinsatzes als methodisches Rüstzeug zur Debatte. Wie die Entwicklung des EDV-Einsatzes in der Stadtgeschichtsforschung seither verlaufen ist, wird anhand eines quantitativen Vergleichs der Situation damals und heute aufgezeigt. Die Grundlage hierfür bildet eine Datenbank des Zentrums für Historische Sozialforschung an der Universität Köln.

Diese Datensammlung verdeutlicht, daß inzwischen in etwa zwei Drittel aller stadtgeschichtlichen Untersuchungen mit quantitativen Auswertungsmethoden gearbeitet wird. Dies ist nicht weiter verwunderlich: Leistungsfähige PCs liefern heute dem einzelnen Historiker Zugangsmöglichkeiten zum EDV-gestützten Umgang mit Daten praktisch frei Haus. Aber auch auf indirektem Wege prägt die EDV zunehmend die stadtgeschichtliche Arbeit. So haben sich Forscher an die Bedingungen in den Archiven anzupassen, in denen der Zugang zu den Beständen mehr und mehr EDV-gestützt reorganisiert wird. Ein Beitrag des Themenhefts zu diesem Aspekt aus der Sicht der Kommunalarchivare zeigt, zu welchen Veränderungen dies bereits geführt hat und noch führen wird. Zu einer formellen Verankerung der Historischen Sozialforschung im Wissenschaftsbetrieb hat dieser EDV-Alltag allerdings bislang nicht geführt; entsprechend ist von einer konsolidierten Methodik noch immer wenig zu sehen. So bleibt in stadtgeschichtlichen Arbeiten die Anwendung komplexer statistischer Analyseverfahren weiterhin die Ausnahme.

Im Themenheft werden einige Beispiele des erfolgreichen Umgangs mit der EDV vorgestellt. Bestimmte Quellengattungen bieten sich förmlich an: so etwa die Historische Statistik und die Wahlstatistik. In einem Projekt zur Wirtschaftsgeschichte der Stadt Flensburg im 18. und 19. Jahrhundert wurden Daten zur Entwicklung von Wirtschaft und Bevölkerung in eine elektronische Datenbank eingespeist; diese lieferte dann unter anderem das Material für vielfältige anschauliche und aussagekräftige Langzeitreihen. Ein Bericht zur Wahlforschung zeigt die Bedeutung des EDV-Einsatzes auf: Dieser macht die empirische Analyse komplexer Beziehungen (Alter, Geschlecht, Partei-, Berufs-, Schichtenzugehörigkeit und Wahlverhalten) überhaupt erst praktikabel. Mittels der graphischen Funktionen vieler Statistikprogramme oder spezieller Computerprogramme zur thematischen Kartographie ist es so einfach möglich, Ergebnisse der empirischen Forschung auch einprägsam zu präsentieren.

Als ein Beispiel "gehobenen" Umgangs mit der EDV wird eine Fallstudie über das Migrations- und Mobilitätsverhalten der Bevölkerung im Grenzraum von Saarland, Lothringen und Luxemburg im Zeitalter der Industrialisierung vorgestellt und dabei der Nutzen der dort angewandten quantitativen Analysemethoden (multivariante Methode der Clusteranalyse) eingeschätzt. Schließlich wird über einen Projektverbund von Studien zu Stadt und Bürgertum im 19.  Jahrhundert berichtet. Hier wurden Daten aus Lokalstudien aufbereitet und in einen gemeinsamen Datenpool eingespeist. Dieser macht nun quantitativ abgestützte Vergleiche zwischen den untersuchten Städten möglich und hilft, Übereinstimmungen und Besonderheiten ihrer Entwicklung herauszuarbeiten.

Neben Beiträgen zum Themenschwerpunkt enthält das Heft die regelmäßig erstellten stadtgeschichtlichen Übersichten (Tagungstermine, Lehrveranstaltungen, Bibliographie neuer Literatur), außerdem weitere Berichte - so eine kontroverse Wortmeldung zur Situation des neu zu gestaltenden Museumsverbundes für die Berliner Stadt-, Kultur- und jüdische Geschichte des "Berlin-Museums".

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