Foto: Straßenansicht, im Vordergrund E-Tretroller
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Sondernutzungsgenehmigungen für E-Tretroller-Verleihsysteme

Seit gut 15 Monaten sind in vielen Kommunen kommerzielle E-Tretroller-Verleihsysteme im Einsatz. Welche Trends zeichnen sich ab und welche Optionen gibt es, um unerwünschte Entwicklungen zu vermeiden? Bieten Mikromobilitätsvereinbarungen eine Lösung?

Ein Beitrag von Martina Hertel und Rachel Nadkarni

Ein Jahr nach der Einführung der Elektrokleinstfahrzeugeverordnung existieren in 45 deutschen Städten E-Tretroller-Angebote. Der für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständige Manager der Firma VOI Claus Unterkircher sagt, dass Städte mit mehr als 100.000 Einwohnenden gute Märkte für den E-Tretrollerverleih sein können. In Deutschland gibt es 79 Städte dieser Größenordnung, daher ist der Markt für den E-Tretrollerverleih derzeit erst zur Hälfte erschlossen.

Drei Städte stellen aktuell Genehmigungen für E-Tretroller aus

Mit Blick auf rechtliche Aspekte der Nutzung wird oft über die Frage nach Sondernutzungsgenehmigungen für E-Tretroller-Verleihsysteme diskutiert. Bisher stellen nur drei deutsche Städte Sondernutzungsgenehmigungen aus: die Freie Hansestadt Bremen, die Landeshauptstadt Düsseldorf und die Stadt Leipzig. Viele deutsche Städte betrachten Sondernutzungsgenehmigungen bisher jedoch nicht als Lösungsoption. Dies ist auch auf Rechtsunsicherheiten zurückzuführen, basierend auf einer Rechtsprechung des VG Hamburg aus dem Jahre 2009. Die drei oben genannten Städte sehen hingegen keinen Konflikt zwischen der Hamburger Rechtsprechung und der Steuerungsmöglichkeit durch Sondernutzungsregelungen.

Die Rechtsprechung aus dem Jahr 2009 beschäftigt sich größtenteils mit Werbetafeln auf Fahrrädern eines Fahrradverleihsystems sowie der Frage, ob die Fahrräder in erster Linie einem Verkehrs- oder einem Werbezweck dienen. Laut Interpretation der Städte Bremen, Düsseldorf und Leipzig lässt das Gerichtsurteil genügend Raum zur Erteilung einer Sondernutzungsgenehmigung mit dem Schwerpunkt der Straßennutzung. Das Thema Werbung steht jedoch im Zusammenhang mit E-Tretrollern nicht zur Diskussion; stattdessen liegt das Hauptaugenmerk auf der zu vermeidenden Behinderung von zu Fußgänger*innen, Radfahrenden und insbesondere von Menschen mit Mobilitätseinschränkung (Rechtsprechung VG Hamburg, 31.03.2009 – 4 K 2027/08).

Erleichterter Zugriff

Sondernutzungsgenehmigungen sind meist auf Sharing-Mikromobilitätsangebote zugeschnitten und ähneln sehr den freiwilligen Selbstverpflichtungen, die in den meisten Städten genutzt werden. Ihr Vorteil gegenüber Selbstverpflichtungen ist, dass sie Städten im Fall eines Verstoßes den Zugriff erleichtern, auch wenn die Zusammenarbeit zwischen Städten und E-Tretroller-Anbietenden bis jetzt meist reibungslos verlief. Sowohl Bremen als auch Düsseldorf verzeichnen Erfolge mit ihren Genehmigungen. Beide Städte haben für E-Tretroller- und Fahrradverleih-Angebote Sondernutzungsgenehmigungen implementiert. Die Stadt Leipzig arbeitet direkt mit den Leipziger Verkehrsbetrieben als Sondernutzer und schreibt ausschließlich stationsbasierte Mikromobilität vor. Die Verkehrsbetriebe haben kurz vor der Corona­Krise mit einem Ausschreibungsprozess begonnen, um einen E-Tretroller-Anbietenden zu finden, was den Findungsprozess erschwerte. Sie bietet nun zunächst nur ein Fahrradverleihsystem an.

Die Entscheidung, ob eine Sondernutzungserlaubnis oder eine freiwillige Selbstverpflichtung sinnvoller sind, sollte von lokalen Faktoren abhängen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem zu erwartenden Konfliktniveau, das durch die auf dem Bürgersteig geparkten Fahrzeuge entstehen kann, wenn zu Fuß Gehende sich beeinträchtigt fühlen und die kommunale Kapazität zur Überwachung nicht ausreicht. Unabhängig vom gewählten Weg sollten Städte grundsätzlich ihre Einflussmöglichkeiten nutzen, um die im öffentlichen Interesse erzielbaren Ergebnisse dieser Angebote auszuweiten. Dies kann geschehen, indem sie darauf hinwirken, dass die Anbieter ein breiteres Kundenspektrum sowohl in Bezug auf Reichweite als auch auf Tarifmodelle ansprechen und weiterhin Innovationen für einen nachhaltigeren Betrieb entwickeln.

Der Beitrag ist in leicht gekürzter Form im Difu-Magazin „Berichte“ 3/2020 erschienen.